Fulda- und Weser - Radweg

Von Gersfeld (Rhön) über Hann - Münden nach Cuxhaven
Vom 21. bis 30. April 2007

Autor: Klaus Donndorf



Für dieses Jahr hatte ich mir zunächst nur den Weser - Radweg (rechts) mit seinen 520 Kilometern vorgenommen. Und da bot es sich an, auf den "familienfreundlichen" 200 Kilometern des Fulda - Radweges (links) gewissermassen "Schwung zu holen" und von Gersfeld in der Rhön entlang der Fulda - Fulle wie der Hesse sagt - nach Hannoversch-Münden und von dort weiter an der Weser entlang zu fahren. Das sind dann zusammen theoretische 720 Kilometer. Am Ende waren es dann aber 760 Kilometer und drei Kilo Lebendgewicht !

Und das hier sind die Wegezeichen:

Klar, dass ich auch diese Tour wieder mit den bikeline - Tourenbüchern aus dem Verlag Esterbauer. geplant habe.

bikeline - Tourenbuch Fulda - Radweg
ISBN 3-85000-086-9 / 9.90 €

bikeline - Tourenbuch Weser - Radweg
ISBN 3-85000-035-4 / 10.90 €
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Entlang der Fulda



»Sie schlängelt sich durch Wiesen und Weiden, als könne sie sich nicht von der Landschaft trennen, in der tiefe Wälder, saftig grüne Wiesen und Berge das Bild und den Rythmus bestimmen« - heißt es in einem Reiseführer über die Fulda.

Und weiter: »Sie windet sich in unzähligen Schleifen über eine Strecke von 213 Kilometern durch Ost- und Nordhessen. Der schmale Quellbach verwandelt sich flussabwärts in ein behäbiges Gewässer, auf dem es ganz beschaulich, aber auch wild-verwegen zugehen kann.«

Also - dann schaun wir mal !



Ready for Take off !

Die Fulda entspringt unterhalb der Wasserkuppe, der höchsten Erhebung in der Rhön und zwar in der Nähe von Gersfeld. Dieser Luftkurort liegt in etwa 370 m üNN im Biosphärenreservat Rhön und dorthin brachten mich Christel und Christiane am Samstag, dem 21. April 2007.

Gersfeld wird im Jahre 944 erstmals urkundlich erwähnt als Geraldisfeld. 1059 wurde Gersfeld fuldisch, der Fuldaer Abt Heinrich VII. erhielt 1359 von Kaiser Karl IV. die Erlaubnis, Gersfeld die Stadt- und Marktrechte zu verleihen. Als einst ritterschaftliches Gebiet ist Gersfeld und das dazugehörige Umland bis heute evangelisch in einem überwiegend katholischen Umfeld geblieben.

Wir Drei hatten eher weltliche Gelüste und zwar Hunger, als wir gegen 12.00 Uhr in Gersfeld ankamen. Also ging´s gleich zum Mittagessen in den Gasthof KRONE und nachdem ich danach mein Hotelzimmer im Hotel Horizont, Henneberger Str. 2, Tel. 06654 / 9820 bezogen hatte (damals hiess es noch Schneeberger Hof), fuhren Christel und Christiane wieder nach hause. Ich bin dann am Nachmittag zur Fuldaquelle auf etwa 850 m üNN hinauf gefahren und das war ein echtes Erlebnis.

Denn auf diesen 10 Kilometern musst du fast 500 Höhenmeter überwinden. Und das nicht nur asphaltiert und beschildert, sondern auch über Feld- oder Waldwege ohne jedwede Beschilderung. Sozusagen »immer dem Gefühl nach«! Ich war froh, in dieser Einsamkeit einige freundliche Menschen zu treffen, die mir den Weg zeigen konnten. Hier hätte ich echt ein Navigationsgerät gebrauchen können.

Nach etwa 1½ Stunden habe ich dann die Fuldaquelle verschwitzt, aber glücklich erreicht. Ich komme mit zwei jungen Wanderern ins Gespräch, die ein Wochenende lang durch die Rhön wandern.

Als ich auf ihre Frage nach meinem Vorhaben antworte, dass ich am nächsten Sonntag in Cuxhaven sein möchte, ernte ich erst ungläubige Blicke - oder waren es eher mitleidige ? - und dann fragt einer der Beiden, wo denn bitte hier in der Nähe Cuxhaven liege? So kann es gehen und ehrlich gesagt, habe ich selber so meine Zweifel, ob ich diese Strecke in der nächsten Woche schaffe.

Aber jetzt kann ich erst einmal die 10 Kilometer über eine Landstrasse in rasanter Fahrt nach Gersfeld zurück fahren. Schaffe ich in 10 Minuten und zur Belohnung gönne ich mir einen Cappu, bevor ich wieder den Weg für morgen erkunde und dann einen ruhigen Fernsehabend auf meinen Hotelzimmer verbringe.

Etwas Käse und zwei Brötchen sind mein karges Abendbrot. Hätte ich doch nur mal auf meinen schönen Tourenplan geschaut ! - dazu später mehr.

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 22 km Fahrzeit 1 : 47 Std. Durchschnitt 13,0 km/h Max 53,8 km/h Gesamt 22 km

Sonntag, 22. April

Heute will ich die 83 Kilometer bis Bad Hersfeld schaffen. Nach einer guten Nacht und einem ebensolchem Frühstück - ich bin der einzige Gast und die Chefin selbst bedient mich sehr zuvorkommend - fahre ich um 9.00 Uhr los. Vorher erfahre ich, dass das Ehepaar das Hotel erst gerade übernommen hat und eigentlich erst am nächsten Wochenende eröfnen will. Aber der Mann wurde plötzlich sehr krank und liegt z. Zt. in Fulda im Klinikum - jetzt ist die ganze Zukunft unsicher geworden.

Es ist noch frisch heute morgen, lange Hose und Jacke sind angesagt. Der Weg ist gut beschildert, zunächst eben und zusammen mit etwas Rückenwind komme ich gut voran. Kaum schaue ich mal in mein Begleitheft, hält ein Biker und fragt, ob er helfen kann. Diese Hilfsbereitschaft finde ich immer wieder schön.

Aber echte Orientierungsprobleme gibt es nicht und vorbei an der Fischzucht bei der Rendel-Mühle fahre ich über Schmalnau - in die Barockkirche kann ich leider nicht, weil Sonntag und damit Gottesdienst ist - Ebersburg und vorbei an Eichenzell nach Fulda.

Wo ich gegen 11.00 Uhr ankomme und einen Fotostopp am Dom einlege (links). Unterwegs sehe ich herrlich gelb blühende Rapsfelder und bunt blühende Obstbäume - es ist Frühling und ein herrlicher Tag. Heute am Sonntag sind wieder viele Familien mit Kindern per Rad unterwegs und die meisten grüssen - wer hat gesagt, (Nord-) Hessen seien stur ?

In Fulda halte ich mich etwas länger auf, gehe in den Schlossgarten (links) und fahre auch mal kurz in die Stadt. Heute am Sonntag ist - noch - nicht viel Betrieb und für eine Kaffeepause ist es mir noch zu früh. Also weiter und die 25 Kilometer bis Schlitz in Angriff genommen.

Hinter Lüdermünd sehe ich ein altes Wegekreuz (oben rechts) und muss es fotographieren.

Genau wie die Vorderburg in Schlitz (2 Bilder unten). Schlitz wird auch »Burgenstadt« genannt und dieser Name kommt nicht von ungefähr, nennt die alte Grafschaft doch zwei Burgen und zwei Schlösser ihr Eigen. Und am Portal der Schachtenburg findet man das Symbol der Brezel, die u.a. als Sinnbild der Unendlichkeit gilt!


Bei Wikipedia steht über Fulda:
  • Die Herkunft des Namens Fulda ist ungeklärt.

  • Durch Sturmius begann 744 die Entwicklung des Ortes. Im Jahre 754 wurde Bonifatius in diesem Kloster beigesetzt. Durch Karl den Großen erhielt das Kloster 774 die Immunität und wurde somit zu einem Reichskloster. Zwischen 791 und 819 wurde die Ratgar-Basilika (benannt nach dem Abt Ratgar) erbaut, welche zu dieser Zeit der größte Kirchenbau nördlich der Alpen war.

  • Von König Friedrich II. wurden die Äbte des Klosters in den Reichfürstenstand erhoben.

  • 1208 wurde Fulda zur Stadt erhoben und wachte eifersüchtig über ihre Rechte gegen die Anmaßungen der Äbte. Die Situation der Städtebürger und der Bauern im Umland war durch die hohen Abgaben und Frondienste sehr kläglich. Das Stift plünderte das Landvolk aus und errichtete immer prunkvollere Bauten. So erhoben sich auch die Bauern im Fuldaer Land gemeinsam mit den Bürgern der Stadt gegen die Obrigkeit und beteiligten sich im Frühjahr 1525 am Deutschen Bauernkrieg.

  • Fürstabt Adalbert von Schleifras ernannte 1700 Johann Dientzenhofer zum Stiftsbaumeister in Fulda und beauftragte ihn, an der Stelle der Ratgar-Basilika einen neuen Dom und ein Stadtschloss im barocken Stil zu errichten.

  • Das Stadtwappen: Das Kreuz stammt aus dem Wappen der Abtei Fulda, durch die die Stadt entstanden ist. Die Lilien stehen für die drei Schutzpatrone der Stadt: Simplizius, Faustinus und Beatrix. Bonifatius brachte Reliquien dieser Heiligen in die Klosterkirche nach Fulda. Der rote Hintergrund steht für den Märtyrertod, den die drei gestorben sind. Die Mauerkrone steht für die Stadtmauer.


Weil Schlitz auf einem Berg liegt, muss ich schieben und das drückt meinen Durchschnitt gleich auf 18 km/h. Und hinter Rimbach / Unter Schwarz gibt es dann eine langgezogene Steigung, die nicht nur Kraft und Schweiß, sondern weitere Zeit kostet. Oben angekommen stehe ich vor dem Tor zur »Lebensgemeinschaft e.V.«, einer Gemeinschaft, in der 250 Männer und Frauen mit intellektueller Behinderung in 26 Großfamilien leben. Zwei riesige Platanen »bewachen« den Eingang zu der Einrichtung (links).

Nach jeder Steigung gibt es eine Abfahrt und diese hier bringt mich schnell und mit erfrischendem Fahrtwind unter der A 7 - Brücke hindurch hinunter nach Solms.

Dabei habe ich auch mal wieder Blickkontakt mit der Fulda (rechts).

Bevor ich jetzt nach weiteren 15 Kilometern mein heutiges Tagesziel Bad Hersfeld erreiche, komme ich noch an Schloss Eichhof (unten links) vorbei, eine ehemals gotische Wasser-
burg.

Im 16. Jahrhundert wurde die Burg im Renaissancestil zum Schloss ausgebaut und wurde zu einer Sommerresidenz der Äbte. Am 30. April 1521 kam Martin Luther auf dem Weg vom Reichstag in Worms zur Wartburg hier vorbei und wurde als Gast des Abt Karto im Eichhof empfangen.

Um 15.30 Uhr erreiche ich Bad Hersfeld und mein Hotel Wenzel, Nachtigallenstr. 3, Tel. 06621 / 92200, wo ein Zimmer für 50,- € etwas überbezahlt, weil musselig, auf mich wartet. Und die Chefin meint, 90 Kilometer seien ja nicht so viel - ob sie die schon mal mit dem Rad gefahren ist?

An der Rezeption sehe ich eine Wand mit Fotos von Schauspielern, die wahrscheinlich alle mal bei den Hersfelder Festspielen aufgetreten sing. Junge, Junge - waren die mal jung und gut aussehend!!

Rad versorgen, duschen, landfein machen und ab in die Festspielstadt. Die Geburtsort zweier sehr bekannter Männer ist: von Konrad Duden, nach Heinz Erhardt »der Erfinder der deutschen Sprache« und von Konrad Zuse, dem tatsächlichen Erfinder des Computers. Und warum hat er ihn erfunden - nun, weil er zu faul zum rechnen war. So steht es auf einer Büste bei der Stiftsruine.

Die Ruine der Stiftskirche von 1144 (oben links) sehe ich mir natürlich an und neben dem Rathaus und dem »Lullusbrunnen« (oben rechts) - dem man bescheinigt, »Fledermaus-freundlich« (ganz oben rechts) zu sein - geniesse ich eine grosse Pizza und einen hervorragenden trockenen Frascati. Ein kleiner Stadtrundgang beschliesst diesen Tag für mich und ich werde herrlich schlafen nach diesem Tag.


Wikipedia informiert über Bad Hersfeld:
  • Die mündlich und schriftlich überlieferte Geschichte von Bad Hersfeld beginnt mit dem Mönch Sturmius, der 736 in Haerulfisfelt eine mönchische Einsiedelei errichtete und mit Lullus, der 769 am selben Ort das Benediktinerkloster Hersfeld gründete. Beide waren Schüler des Missionsbischofs Bonifatius.

  • Hersfeld wird 1142 erstmals als Marktort und 1170 als Stadt erwähnt. In diese Zeit fällt auch der Höhepunkt der reichspolitischen Bedeutung der Abtei Hersfeld.

  • Ab dem Jahr 1373 erhielt die Landgrafschaft Hessen, durch Schutzbündnisse, Einfluss auf die Stadt. In der Vitalisnacht 1378 erreichte der Machtkampf zwischen Abtei und Stadt seinen Höhepunkt.

  • 1606 stirbt der letzte Abt und im Westfälischen Frieden 1648 wird die gefürstete Reichsabtei Hersfeld der Landgrafschaft Hessen-Kassel zugesprochen.

  • Im Siebenjährigen Krieg 1761 brennen die Stiftskirche und die Klostergebäude nieder und 1807 entkommt die Stadt knapp der völligen Vernichtung durch napoleonische Besatzungstruppen, da der badische Oberstleutnant Lingg die Befehle Napoléons nur "wörtlich" ausführte: Er sollte die Stadt an allen vier Seiten anzünden und tat dies, in dem er vier einzeln stehende Gebäude anzünden lies.

  • Jeden Sommer finden hier in der Stiftsruine die Bad Hersfelder Festspiele und nach den Festspielen die Bad Hersfelder Opernfestspiele statt.


Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 89 km Fahrzeit 5 : 07 Std. Durchschnitt 18,0 km/h Max 49,2 km/h Gesamt 111 km



Montag, 23. April

Um 7.00 Uhr ist die Nacht für mich zu Ende, aber bis ich gefrühstückt und mein Gepäck auf dem Rad verstaut habe, wird es 8.30 Uhr, bevor ich losfahre. Es ist wieder sehr frisch, der Weg führt zunächst durch eine Grünanlage und an der Fulda entlang nach Norden aus der Stadt heraus. Dann folgt ein asphaltierter Radweg direkt neben der viel befahrenen B 27 etwa 5 Kilometer bis Friedlos. Wenn die Laster kaum 3 Meter neben dir daherbrausen, ist das schon ein seltsames Gefühl, denn nur eine Leitplanke trennt dich von diesen Ungetümen. Und der Fahrtwind bringt die Abgase ungefiltert in deine Lungen.

Ab Friedlos verläuft mein Radweg dann aber wieder etwas entfernt von dieser B 27 durch Felder und über Mecklar und Blankenheim erreiche ich Breitenbach. Hier muss ich mich entscheiden, ob ich direkt nach Rotenburg weiterfahre oder einen Abstecher nach Bebra mache, was zusätzliche 5 Kilometer bedeuten würde. Ich entscheide mich für die Weiterfahrt, um mehr Zeit für Rotenburg zu haben.

Was sicher die richtige Entscheidung war, denn das alte Landgrafenstädtchen Rotenburg bietet mit seinen vielen gut erhaltenen Fachwerkhäusern (oben rechts) einen schönen Anblick. Ich komme gegen 10.00 Uhr am Rotenburger Schloss, in dem heute Hessens Landesfinanzschule untergebracht ist, an. Und stehe gleich darauf schon im Zentrum, dem in seiner Ursprungsform erhaltenen Marktplatz. Mit dem Rathaus von 1597/98 (oben links), der Jakobi - Kirche mit seiner Orgel von 1556 und dem historischen Stadtbrunnen.


Rotenburg wurde vermutlich im 11. Jahrhundert von den Landgrafen von Thüringen gegründet. Aus dem Jahr 1197 stammt der Hinweis auf einen amtierenden Schultheißen.
Erstmals wurde die Stadt im Jahr 1248 als Stadt bezeichnet. 1290 erneuerte der hesssiche Landgraf Heinrich I. von Hessen die Stadtbefestigung. Am rechten Fuldaufer entstand 1340 die Neustadt, die erst 1607 offiziell mit der Altstadt vereint wurde.
Seit der Errichtung des Schlosses im Jahr 1470 war Rotenburg zeitweise einer der Wohnorte der Landgrafen. Nach der Aufteilung der Landgrafschaft Hessen-Kassel residierten zwischen 1627 und 1834 die sogenannten »Quartfürsten« im Rotenburger Schloß.


So ein Ausflug in ein Stadtzentrum bedeutet auch, dass man vom eigentlichen Radweg abkommt. Und so heisst es, diesen Weg und damit die so wichtigen Hinweisschilder hinterher wiederzufinden. Während ich noch im Begleitbuch nachsehe, spricht mich wieder ein netter Mensch an - auch Radwanderer - und beschreibt mir den Weg. Bei unserem kurzen Gespräch erfahre ich, dass er ebensolche Touren macht, wie ich. Nur wesentlich länger, so 6 - 8 Wochen und dann mit Zelt. Also eher zünftig. Als ich auf den Elberadweg zu sprechen komme, den ich gerne dieses Jahr noch fahren möchte, rät er mir ab. Was mich zunächst nur nachdenklich macht. Abwarten!

Von der Fulda muss ich mich dann für einige Zeit verabschie-
den, von ihr ist nichts zu sehen. Dafür begleitet eine Bahnstrecke meinen Weg und die gewaltigen Brücken der ICE - Strecke beherrschen das Landschaftsbild. Aber auch wieder blühende Obstbäume - Natur und moderne Technik ergänzen sich (rechts).

Und dazu die eher anrüchigen Kläranlagen, die bei jedem der kleineren Orte meinen Weg begleiten. Besonders bei diesem warmen Wetter machen sie »unwiderriechlich« auf sich aufmerksam!

Zwischen Heinebach und Morschen zeigt meine Karte eine »Wüstung Leimbach« an. Ich sehe nur ein beackertes Feld, finde dazu aber im Internet diese Angaben:

Unter dem Kapellenberg Heidau (Kappelberg) lag das heute verschwundene Dörfchen Leimbach, das 1061 mit seinem Rittergeschlecht erstmals genannt wird. Die Familie war weit und breit begütert.

Heute erinnern seit über 50 Jahren der Leimbachshof und gegenüber der historische Leimbachsborn an die verschwundene Dorfstätte unterhalb der Nürnberger Straße.

Eine aus der Familie aber ging in die Hessische Chronik ein: Gertrud von Leimbach, die erste Äbtissin von Haydau (rechts), eine Freundin der Hl. Elisabeth zu Marburg.


In Altmorschen führt mein Weg direkt durch das Gelände des Zisterzienserinnen-Klosters Haydau (oben rechts), dessen Geschichte bis auf das Jahr 1235 zurück geht. Am 23. Januar 1235 bestätigte Propst Gumbert die Übergabe an die Zisterzienserinnen.

In der Mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich Kloster Haydau nicht nur zum geistig kulturellen, sondern auch zum wirtschaftlichen Zentrum entwickelt, an das die Landgrafen Städte und Dörfer verpfändet hatten. 1527 mit der Einführung der Reformation fand es sein Ende als Kloster und wurde ab dann als landgräfliches Jagdschloss genutzt.

Ab Neumorschen muss man 5 Kilometer auf der Binsförther Strasse ohne Radweg fahren. Das ist zwar nur eine Kreisstrasse, aber der Verkehr war doch recht lebhaft und ich hoffte nur, das alle Autofahrer mich auch sehen. Nach einer kleinen, aber heftigen Abfahrt hinunter nach Beiseförth geht es dann aber auch schon wieder auf ruhigen Feldwegen weiter Richtung Melsungen.

Bis kurz vor Melsungen die Werksanlage Pfieffewiesen (oben links) vor mir auftaucht und natürlich viele Erinnerungen wachruft. Genauso wie diese 3 Bilder vom Rathaus (links), dem Marktplatz - wo ich mir einen Salatteller gönne - oder der Bartenwetzerbrücke (unten).

Auf dem Radweg von Melsungen nach Röhrenfurth kommt mir eine grössere Gruppe Schulkinder auf Rädern entgegen, vorneweg und hintendran je ein »Lehrkörper«. Alle fahren vorbildlich hintereinander, halten Abstand und alle, aber auch wirklich alle grüssen mich freundlich. Hat mir gefallen und imponiert!

Bei Körle gab es dann eine kleine Steigung, die im bikeline - Heft nicht vermerkt war, die mich aber zum Schieben nötigte - was mein alter Kollege Karl überhaupt nicht verstehen kann. Nach Grebenau kann ich dann wieder bergab laufen lassen. Hier beschreibt die Fulda eine doppelte Schleife, bevor sie sich bei Büchenwerra wieder auf ihren Weg nach Norden besinnt - Richtung Kassel.

Bei Guntershausen schliesst sich mir ein etwa gleichalter Radfahrer an und bietet mir an, mich durch Kassel zu »lotsen« und mir den Weg zu meinem Hotel, welches er gut kennt, zu zeigen. Nichts lieber als das und so vergehen die letzten Kilometer bis Kassel schnell, weil wir uns gut unterhalten beim Fahren.

Und gut war es auch, weil es in Kassel einige Baustellen gab, die mir mit Sicherheit Orientierungsprobleme gebracht hätten. Und von meinem Begleiter erfahre ich heute zum zweiten Mal Negatives über den Elberadweg, den er im vorigen Jahr gefahren ist. Und jetzt bin ich nicht nur nachdenklich, sondern werde meinen Plan nochmal gründlich überdenken!

Aber so geführt finde ich meinen Weg wieder, nachdem ich bei ALDI Getränke für die Nacht und für morgen gekauft habe. Der Weg führt jetzt unbefestigt durch einen Wald und diese letzten Kilometer ziehen sich ganz schön. Bis dann - endlich - mein Hotel Roter Kater / Graue Katze, Fuldatalstr. 365, Tel. 0561 / 98 15 50 ( Zimmer für 35,- € bei Barzahlung / kein Internetauftritt) vor mir auftaucht und ich zum gemütlichen Teil des Tages kommen kann. Bei einer Portion »Ahle Worscht« mit Gurke und Bauernbrot zur Schorle sitze ich auf der Terasse, direkt neben dem Radweg und blicke über den Fluss zur kleinen Kirche von Spiekershausen (oben rechts).

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 106 km Fahrzeit 6 : 21 Std. Durchschnitt 17,0 km/h Max 46,9 km/h Gesamt 217 km



Dienstag 24. April

Heute Nacht hat es etwas geregnet, der Platz vor dem Hotel ist nass. Noch heute morgen hängen dunkle Regenwolken am Himmel und vom Fluss steigen Dunstschwaden auf. Die deuten lt. dem Wirt darauf hin, dass es heute sogar ein »Traumtag« werden wird.

Auf den ersten Kilometern regnet es zwar ein paar Tropfen, aber da ich durch einen Wald fahre, stören die mich nicht. Im Gegensatz zu zwei Mitarbeitern der Bahn, die im Frühstücksraum geraucht haben. Weshalb mein Frühstück heute sehr kurz ausfiel!

Erstes Ziel ist Hannoversch-Münden und damit wäre dann der erste Teil meiner Tour, nämlich der Fulda-Radweg, geschafft. Es ist 10.00 Uhr, als ich dort eintreffe und mir die Stadt mit ihrem Rathaus und den vielen Fachwerkhäusern ansehe.

Dann aber schnell zum Weserstein (rechts) fahre, der Stelle, wo »Fulda sich und Werra küssen«. Und von dort rufe ich dann meinen alten Freund Peter an, der schon am Samstag 70 Jahre alt geworden ist und dessen Geburtstag ich vergessen habe. Obwohl er dick in meinem Tourenplan verzeichnet ist. Hätte ich am Samstag doch mal darauf geschaut! Der Spruch

Über die »Alte Werrabrücke« fährt man aus der Stadt hinaus und jetzt heisst es...

...entlang der Weser:



»Der Weser-Radweg gehört zu den attraktivsten Radwanderwegen in Deutschland. Sie finden Ruhe und Erholung in abwechslungsreicher Landschaft, gestalten Ihre Freizeit aktiv und gesundheitsbewusst, und es macht obendrein noch Spaß!«

Was erwartet einen nun auf dieser über 500 Kilometer langen Reise?

»Überwiegend abseits der Hauptverkehrsstraßen, auf gut befahrbaren Strecken und fast ohne Steigungen erschliesst sich eine vielfältige Landschaft. Die Erlebnisse reichen von der Romantik der Weserrenaissance bis zu den größten Schiffen der Weltmeere in Bremerhaven.

Der Weser-Radweg ist an landschaftlicher Vielfalt kaum zu übertreffen: am Zusammenfluss von Werra und Fulda in Hann.-Münden beginnend, führt der Weg vorwiegend unmittelbar entlang der Weser durch das Weserbergland mit seinen sanften Hügeln bis nach Minden. Dann geht es gemeinsam mit der Weser in die Norddeutsche Tiefebene hinein, durchs Flachland mit Geest und Marsch. Man sollte sich Zeit nehmen für die Städte und Orte mit ihren besonders reizvollen Fachwerkhäusern, den gut erhaltenen historischen Innenstädten und den vielen kulturellen Highlights.«

Soweit das Internet.


Diese Sprüche werden sofort von der Realität eingeholt, denn es geht auf einem Radweg an der vielbefahrenen B 3 bergauf aus der Stadt heraus Richtung Gimte. Und hier heisst es schon das erste mal aufpassen, denn die Route biegt scharf nach links ab und das Wegeschild ist klein und steht auf der anderen Strassenseite. Und diese Strasse ist 4-spurig, also ziemlich breit. Man sollte also auf der linken Strassenseite aus Hann.-Münden herausfahren!

Ich habe Glück und finde diesen Abzweig und los geht es Richtung Reinhardshagen. Es ist so warm, dass ich Jacke und lange Hose ausziehen kann. So entblättert radelt es sich gleich viel angenehmer.

Links von mir sehe ich die dunkel bewaldeten Höhen des Reinhardswaldes, die bis 470 Meter ansteigen und die Heimat vieler Sagen und Legenden sowie Grimmscher Märchen sind. Das »Dornröschenschloss«, die Sababurg steht im Reinhardswald. Er gehört zu Hessen.

Rechts erhebt sich der Bramwald (oben) bis über 400 Meter. Er ist - ich zitiere: »eine einzigartige, wilde Berg-, Natur- und Waldlandschaft, was insbesondere für seinen Nordteil am Totenberg gilt«. Er gehört zu Niedersachsen.

Bei Bursfelde duckt sich das ehemalige Benediktinerkloster in eine Talsenke (links).

Vorher setze ich bei Hemeln für -,90 Ct. mit einer Fähre über die Weser nach Veckerhagen und fahre jetzt am westlichen Ufer sehr angenehm an Gottstreu (schöner Ortsname) über Gieselwerder nach Bad Karlshafen (rechts). Der Ort liegt an der Nordgrenze von Hessen direkt südöstlich des Dreiländerecks

Niedersachsen – Hessen – Nordrhein-Westfalen
unmittelbar an der Mündung der von Süden kommenden Diemel in die Weser.

Da die Fähre bei Wahmbeck ausser Betrieb ist, komme ich vom südlichen Weserufer und fahre über die Brücke in die Stadt. Am alten Hafenbecken des Landgraf-Carl-Kanals mit dem Blick zum ehemaligen Packhaus / Altes Rathaus (von 1715 - 18 erbaut / oben), mache ich eine kurze Pause. Bevor ich weiterfahre nach Würgassen und Beverungen.


Etwas Information über Bad Karlshafen:

  • Bad Karlshafen ist 1699 von Landgraf Karl von Hessen-Kassel gegründet worden im Zusammenhang mit ehrgeizigen Plänen, den Landgraf-Carl-Kanal zu errichten. Der hessische Landgraf wollte die Zölle von Hannoversch-Münden umgehen und eine neue Wasserstraße bis in die Residenzstadt Kassel und darüber hinaus bauen lassen. Diese Pläne konnten jedoch nur teilweise realisiert werden, ebenso wie die weiteren Ausbaupläne für die Stadt.

  • Erstansiedler in der neuen barocken Stadt waren Hugenotten und Waldenser. Der zunächst als »Sieburg« (Syburg) gegründete Ort wurde 1717 in »Carlshaven« umbenannt.
  • Der historisch viel ältere Ort Helmarshausen ist heute ein Stadtteil von Bad Karlshafen. 1838 wurde eine Quelle heilkräftigen Wassers entdeckt, die Karlshafen zu einem Kurort werden ließ, der seit 1977 den Titel Bad trägt.

Gleich hinter Bad Karlshafen sind die »Hannoverschen Klippen« zu sehen. Diese fast 100 m hohen Buntsandsteinklippen, überragen weithin sichtbar die Weser.

Im Laufe der Jahrtausende hat die Weser hier ihr Flussbett tief in den Buntsandstein eingegraben, doch sieben steile Felsklippen haben dem Wasser getrotzt. Ihre Entstehungsgeschichte reicht rund 250 Millionen Jahre in eine Periode des frühen Erdmittelalters, dem Trias, zurück.

Nicht ganz so alt ist die Burg von Herstelle, die von hohem Berge grüsst (rechts). Sie wird im Jahr 1292 erstmals in einer Urkunde erwähnt. Und hier schlug der Frankenkönig Karl der Große im Jahre 797 sein Winterlager auf, zwei Jahre vor seiner Kaiserkrönung in der Ewigen Stadt im Winter 797/798.

Eine dritte, aber eher zweifelhafte »Attraktion« hat dieser Abschnitt zu bieten und zwar das stillgelegte AKW Würgassen (links). Es ging 1971/72 in Betrieb, wurde 1994 aufgrund technischer Mängel stillgelegt und befindet sich derzeit im Rückbau. Ich erwähne es mehr der Vollständigkeit halber, denn auf meinem Weg entlang der Weser werden mir noch einige AKW begegnen.

Die nächsten 5 Kilometer bis Beverungen sind unspektakulär, weil flach, aber schön direkt am Fluss entlang. Da merkst du mal, dass die Tour eine Wesertour ist. Ab und zu sehe ich sogar mal ein kleines Motorbötchen auf dem Wasser, dessen Motor sich müht, das Gefährt etwas auf Geschwindigkeit zu bringen.

In Beverungen - in dessen Geschichte auch Karl der Große auftaucht - fotografiere ich ein schönes Fachwerkgiebelhaus, das Cordt - Holstein - Haus aus dem 17. Jahrhundert (rechts). Der Erbauer war damals Bürgermeister des Ortes.

Jetzt heisst es, die letzten 15 Kilometer bis Höxter in Angriff zu nehmen. Vorher möchte ich aber mal die Buhnen zeigen, die ich jetzt mehr und mehr im Fluss entdecke (links).

Es ist ziemlich schwül und ich habe leichte Sitzbeschwerden. Deshalb bin ich froh, als ich das Schloss von Fürstenberg vor mir auf einem Berg sehe (rechts). Hier gibt es seit 1747 eine Porzellanmanufaktur. Es ist nach der Manufaktur von Meißen die zweite fürstliche Porzellanmanufaktur im deutschsprachigen Raum, die bis heute produziert. Seit 1753 wird in Fürstenberg Porzellan in Serie gebrannt.

Um 15.30 erreiche ich Höxter und mein Hotel Stadt Höxter, Uferstr. 4, Tel. 05271 / 69790 (unten links). Mit 48,- € plus 7,5o € für das Frühstück nicht ganz billig, aber das Hotel und damit auch mein Zimmer sind sehr gepflegt. Und ich bekomme sofort einen Eimer mit warmem Wasser, denn mein Rad hat eine gründliche Säuberung dringend nötig.

Bei einem Bummel durch die Stadt - es ist auch heute abend noch sehr warm - trinke ich einen Cappu und schaue mir das Treiben in der Fusgängerzone an. Zum Abendessen gibt es eine sehr gehaltvolle Gulaschsuppe und dann gebräunten Leberkäs mit Spiegelei und Bratkartoffeln - Herz, was willst du mehr?

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 93 km Fahrzeit 5 : 46 Std. Durchschnitt 16,3 km/h Max 44,8 km/h Gesamt 310 km



Mittwoch 25. April

Der gute Eindruck, den ich schon gestern vom Hotel hatte, bestätigt sich auch beim Frühstücksbuffet. Das ist sehr abwechslungsreich, bietet frisches Obst zum Müsli und es gibt keine Raucher! So fängt der Tag gut an, nachdem ich eher schlecht geschlafen habe.

Ich sitze um 8.30 Uhr im Sattel und steuere Kloster Corvey (rechts) an. Es ist nicht so kalt, wie in den letzten Tagen und so kann ich mir sofort etwas »Marscherleichterung« verordnen, der Rest folgt um 10.00 Uhr

Nach Holzminden, das ich nach 13 Kilometern erreiche, fahre ich kurz hinein. Und werde geschockt, als ich eine junge Mutter auf einer Bank sehe, die ihre höchstens 2-jährige Tochter mit Pommes mit Schlamm füttert - um 10.00 Uhr am Morgen!!

Aber es lässt sich herrlich radeln, der Weg ist zwar nicht immer asphaltiert, aber ich habe den Wind im Rücken. Und es geht vollkommen flach direkt am Fluss entlang - das räumt, bringt Kilometer (2 Bilder oben).

Als ich in Polle ankomme, muss ich daran denken, dass ich hier schon einmal war, als meine Lehrfirma 1960 oder 61 einen Betriebsausflug machte. Heute interessiert mich die Burgruine Everstein (rechts).

Und es gibt eine neue Streckenführung, die direkt von Polle nach Reileifzen führt und sehr angenehm zu fahren ist. Nach weiteren 13 Kilometern ist dann Bodenwerder erreicht, die »Münchhausen - Stadt«.

Hier schreibe ich bei einer Apfelsaftschorle die einzigen Postkarten dieser Tour, ganze 3 Stück. Die Stadt hat eine schöne, ruhige Fussgängerzone mit vielen Strassencafés und ich nehme mir Zeit für eine längere Pause. Stadtwappen von Hameln

Bei angenehmer Fahrt über meist asphaltierte Wege sind die 20 Kilometer bis Hameln schnell gefahren. Bei Emmerthal / Kirchohsen grüsst ein weiteres, noch in Betrieb befindliches, AKW durch die Büsche (unten links). Eine kleine Umleitung bei Hagebohsen ist gut ausgeschildert.

Hameln erreiche ich um 14.30 Uhr und schiebe mein Rad in die Fußgängerzone, denn hier ist richtig was los.

Mehrere Touristen- und Schülergruppen sind mit ihren Stadtführern unterwegs und lassen sich die historischen Gebäude erklären (unten links). Am Leisthaus wird ein Neidkopf bewundert (unten rechts). Als Neidkopf bezeichnet man jene Fratzen, die oft an Mauern, Türen oder Giebeln von Häusern und anderen Gebäuden angebracht sind. Der Neidkopf soll nach Volkes Glaube das Unheil und Böse abwehren.

Fahre ich aus Hameln heraus, spricht mich wieder ein älterer Radler an, der auf dem Weg nach Bodenwerder ist. Er fährt jeden Tag 40 Kilometer, um im Jahr auf sein Soll von 8.000 Kilometern zu kommen - Respekt, wenn es denn stimmt!

Ich habe nur noch 30 Kilometer bis Rinteln und die sind bei Rückenwind und über Asphalt gut zu fahren. Ich fotographiere eine alte Windmühle, an meinem Weg sehe ich schöne Villen mit sehr liebevoll angelegten Gärten.

Fischbeck und Hess.-Oldendorf bleiben rechts liegen und in Großenwieden lese ich an einem Bauernhof den Namen »Beißner« - ob das wohl Verwandtschaft von unserem Herrn Beißner aus Vlotho ist. Das liegt ja »gleich um die Ecke«.

Und Kohlenstädt begrüßt mich als »Kleinster Stadtteil von Rinteln«.

Um 16.30 Uhr komme ich in Rinteln - unten der Marktplatz - an und finde auch gleich mein Hotel Stadt Kassel, Klosterstr. 4, Tel. 05751 / 95040 (unten rechts). Und nach dem obligaten Frisch-machen und einem Stadtbummel gibt es im Biergarten des Hotels Bratfisch mit Bratkartoffeln zur Weinschorle.


Am Hotel lese ich einen schönen Spruch:

Wer seine Mensch- und Bürgerpflicht am Tage treulich hat verricht,
dem ist auch in der Abendstund, vor Gott und Mensch ein Trunk vergunnt.

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 105 km Fahrzeit 6 : 10 Std. Durchschnitt 17,3 km/h Max 32,4 km/h Gesamt 415 km

Donnerstag 26. April

Ich hatte gestern bei meiner Ankunft einen Mitarbeiter des Hotels gefragt, ob man von draussen statt der "0" bei der Telefonnummer die Zimmernummer wählen könne, um so direkt verbunden zu sein. Ja, das wäre so und ich wüsste ja wohl gut Bescheid - er aber wohl nicht, denn mein Zimmer hatte gar kein Telefon. So kann´s gehen.

Änderte aber nichts daran, dass ich gut geschlafen und gefrühstückt habe und schon um 8.00 Uhr im Sattel sitze. Das Wetter ist gut, es ist zwar noch und wieder kühl, aber es verspricht, ein schöner, sonniger Tag zu werde. Eigentlich habe ich mit dem Wetter ja unverschämtes Glück, bisher jedenfalls. Und so läuft es mit Rückenwind gut, ich komme gut voran. Von rechts grüsst das Wesergebirge, ein mächtiger, bewaldeter Höhenzug.

Bei Veltheim sehe ich weit voraus die absolut hässliche Silhouette des »Gemeinschaftskraftwerk Weser«, die ich nicht fotographiere. Diesen Anblick will ich meinen Lesern ersparen. Für mich ist das aber der Punkt, wo ich von der eigentlichen Hauptroute abweiche, um die angekündigten Steigungen bei Vlotho zu umgehen. Fahre also recht gut beschildert Richtung Porta Westfalica, über Möllbergen und Holtrup.

Bei Hausberge grüsst das berühmte »Kaiser Wilhelm Denkmal« (oben rechts) vom Berge und gleich darauf bin ich um 10.30 Uhr in Minden angekommen. In einer Grünanlage an der Weser bestaune ich eine Schiffsmühle (links), eine heute seltene Bauform der Wassermühle. Es ist historisch belegt, dass die Entwicklung dieses Mühlentyps auf die geniale Erfindung von Vitruv - dem römischen Ingenieur des 1. Jh. v. Chr., zurück zu führen ist.

Ein paar Informationen aus Mindens Geschichte :


  • Minden ist vermutlich schon seit dem 3. Jahrhundert besiedelt. Erstmalig urkundlich erwähnt wird Minden im Jahre 798, als Karl der Große eine Reichsversammlung in »Minda“ « abhält. Dieses Ereignis wird in den so genannten Reichsannalen, einer fränkischen Chronik, erwähnt.

  • Um 800 gründete Karl der Große in Minden ein Bistum; erster Bischof wird von 803 bis 813 Erkanbert von Minden († 7. Juni 830 in Minden).

  • Im Jahr 977 wurden der Stadt das Marktrecht, Münzrecht, und Zollrecht verliehen.

  • Am 1. Februar 1168 heiratet Heinrich der Löwe - nach Scheidung von seiner ersten Frau - die erst zwölfjährige Tochter Mathilde des englischen Königs Heinrich II., Schwester von Richard Löwenherz. Die Trauung findet im Mindener Dom statt.

  • Das Amt des Bürgermeisters wird zum ersten Mal im Jahr 1303 erwähnt, der Bürgermeister war damals als Erster unter Gleichen der Sprecher des Rates.

  • Im Zuge der Reformation kommt es in Minden im Jahr 1529 erneut zu einem schweren Konflikt. Bereits seit Mitte der zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts wurde in Minden teilweise evangelisch gepredigt, ohne das es zu großer Unruhe gekommen war. 1529 hatte der protestanitsche Glaube in Minden aber bereits viele Anhänger gewonnen.

  • Während des Dreißigjährigen Krieges war Minden von 1625 bis 1634 durch die katholischen Truppen des Kaisers besetzt.

  • 1634 wurde die Stadt durch die protestantischen schwedischen Truppen belagert und schließlich erobert. Königin Christina von Schweden gestand der Mindener Bürgerschaft volle Souveränität in allen inneren und äußeren Angelegenheiten der Stadt zu.

Ein technisches Meisterwerk ist, wie ich finde, das »Wasserstrassenkreuz Minden«, welches den Mittellandkanal in einer Trogbrücke über die Weser führt. Es ist das zweitgrößte Wasserstraßenkreuz Deutschlands (links).

Die alte Kanalbrücke wurde 1914 nach 33 monatiger Bauzeit fertig gestellt, während der Kriegshandlungen im Jahre 1945 von zurückweichenden deutschen Truppen gesprengt und im Februar 1949 wurde die wieder instand gesetzte Brücke dem Verkehr übergeben. Ich bin beeindruckt!

Mein Weg führt jetzt 8 Kilomter asphaltiert direkt am Fluss entlang nach Petershagen. Wo ich schon mal Wasser bunkere und ein paar Gymnasiasten, die mit mir an der Kasse stehen, sich über ihre nicht gemachten Physik-Schularbeiten unterhalten. Die gleichen Probleme, wie bei uns vor 50 Jahren!

Wenn sich hinter der Pottmühle (oben rechts) auch nur ein Grillrestaurant verbirgt, finde ich doch, das diese »konische Turmwindmühle« ein Foto wert ist. Zumal sich sonst auf den nächsten Kilometern nichts besonderes ereignet. Bis Buchholz, wo ich mir die alte Wehrkirche nicht entgehen lasse (unten links).

Ab und zu sehe ich auch mal ein Schiff auf der Weser, sehr rege ist der Schiffsverkehr wohl nicht (rechts).

Da ist das »Historische Scheunenviertel« bei Schlüsselburg schon eher eine Abwechslung, stellt es doch ein bäuerliches Kulturdenkmal von überregionaler Bedeutung dar (unten links).

Bereits im Jahr 1335 errichtete der Bischof von Minden auf einer Weserinsel die Schlüsselburg, in deren unmittelbarer Nähe siedelten sich die Dienstleute der Burg an. Mit dem 30-jährigen Krieg, den Plünderungen und den im Zeitraum von 1617 bis 1711 fünf verheerenden Brandkatastrophen verarmte der Ort zusehends. Das denkmalgeschützte Ensemble verdankt seine Erhaltung der Tatsache, dass die meisten Gebäude noch bis in die jüngste Vergangenheit landwirtschaftlich genutzt wurden.

Noch 5 Kilometer bis Stolzenau, meinem heutigen Ziel, das ich schon um 14.00 Uhr nach nur 73 Kilometern erreiche. Im Hotel Zur Post, Am Markt 10, Tel. 05761 / 892 (oben links) ist ein Zimmer für 40,- € vorbestellt. Und das hat sogar eine Minibar!

Und da es jeden Donnerstag von 17.00-22.30 Uhr ein 200g-Rumpsteak, dazu eine Ofenkartoffel mit Kräuterquark und Salatteller für nur 9,- € gibt, weiss ich schon, was ich heute essen werde.

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 73 km Fahrzeit 4 : 22 Std. Durchschnitt 17,0 km/h Max 32,7 km/h Gesamt 488 km


Freitag 27. April

Nach einem normalen, aber ausreichenden Frühstück radle ich um 8.00 Uhr los, nur mit Weste und kurzer Hose. Es ist heute auch in der Früh schon etwas wärmer, als bisher.

Vorbei an duftenden Rapsfeldern, begleitet vom Gesang der Lerchen, die ich nie ausmachen kann im Blau des Himmels, fahre ich am Fluss entlang. Der auf mich immer irgendwie beruhigend wirkt, wie er so langsam dahinfliesst. Ich fahre an einigen Kiesgruben vorbei und komme schnell nach Landesbergen. Hier sehe ich mir die »Hochzeitsmühle« an.

1872 als Galerieholländer erbaut, hat die Landesberger Hochzeitsmühle (links) zwei Weltkriege und eine Feuersbrunst überstanden, bevor hier 1987 das erste Mal die Hochzeitsglocken läuteten. Einige Jahre wurde sie praktisch als Geheimtip gehandelt, bis sich schließlich herumsprach, daß in Landesbergen die Ehen »im Siebten Himmel« geschlossen werden.

Etwas weiter, hinter Estorf - das auch ein Historisches Scheunenviertel besitzt - sehe ich dieses Naturdenkmal - eine uralte Eiche (rechts).

Und dann ist um 10.00 Uhr Nienburg erreicht. Der Name Nienburg ist bereits aus dem Jahre 1025 überliefert und bedeutet »Neue Burg«. Langsam rolle ich in die Fussgängerzone (unten links) - ich finde, die sehen in diesen mittelgrossen Städten durch die vielen gleichen Ladenketten alle irgendwie gleich aus - vorbei am Rathaus (unten rechts), einem der ältesten und eindrucksvollsten Gebäude der Stadt, erbaut vermutlich im 14. Jahrhundert.

Gleich rechts dahinter liegt die Pfarrkirche St. Martin (unten links), Hauptkirche der Stadt und Wahrzeichen mit dem 72 m hohen Turm. Bewacht von zwei Bronzefiguren, die Kaiser Karl den Großen und den Sachsenherzog Widukind darstellen.

Und noch etwas erfahre ich: »Die Vertreibung der Hugenotten aus Frankreich hat Nienburg um ein süßes Geheimnis reicher gemacht. Die Familie Facompré brachte 1791 ein streng gehütetes Biskuitrezept aus ihrer Heimat mit. Hierzu fertigte ein Kupferschmied nach dem Siegel der damals herrschenden Hoyaer Grafen die Bärentatzenform an, die »Nienburger Bärentatzen«. Stadtwappen von Nienburg

Wenn man nun Nienburg in nordwestlicher Richtung nach Marklohe zu verlässt, erwarten einen mehrere Engstellen auf dem Radweg, an denen man sogar teilweise absteigen muss. Ihr Sinn ist mir nicht ganz klar geworden. Hinter Mehlbergen entfernt sich der Radweg von der Weser, die in grossen Schleifen an Drakenburg vorbei fliesst und verläuft am sog. Schleusenkanal entlang. Dieser Weg ist sehr holperig und meine Sitzfläche wird arg strapaziert und tut weh.

Dann kommt der kleine Ort Bücken (was kein Imperativ ist!) und dort steht ein Kleinod, die Stiftskirche St. Materniani et St. Nicolai , auch bekannt als »Bücker Dom«. Eine dreischiffige flachgedeckte Pfeilerbasilika mit Doppeltürmen und Konchen aus dem 12. Jahrhundert (links).

Eine Konche (Muschel) ist in der Architektur eine Einbuchtung oder halbrunde Nische, die in der Regel nach oben mit einer Kalotte abgeschlossen ist. Im Kirchenbau kann eine Apsis oder eine Seitenkapelle als Konche angelegt sein.

Bücken verdankt seine Entstehung übrigens einem kirchlichen Akt, die Gründung geht auf das Jahr 882 zurück. Damals wurde durch den Erzbischof Rimbert zu Bremen das Stift zu Bücken als Missionszentrum gegründet.

In Hoya, das ich nach weiteren 5 Kilometern erreiche, gibt es heute in einer Metzgerei mit Imbiss zur Belohnung ein Brötchen mit Frikadelle und eine Flasche VILSA - die köstliche Quelle!

26 Kilometer trennen mich jetzt noch von Verden, meinem heutigen Tagesziel. Ich erreiche es um 15.00 Uhr, total verschwitzt, weil es heute wieder sehr heiss ist. In dem kleinen Ort Oiste, kurz vor Verden, fahre ich durch eine Strasse mit dem Namen »Weg zum Holderneß« - was eigentlich eine englische Landschaft an der Küste Yorkshires ist.

Weiter fahre ich durch die »Oister Laake«, über die Weser und rolle dann mit einem Blick auf Stadt und Dom (rechts) ins Zentrum. Per Handy lasse ich mir den Weg zu meinem Hotel Verdener Hof, Nasse Str. 1, Tel. 04231 / 92020 erklären, weil es auf meinem kleinen Stadtplan nicht mehr vermerkt ist.

»Ein kleines Hotel mit sehr freundlicher Bedienung und gutem Essen - einfach vorbildlich« - schreibt jemand im Internet zu diesem Hotel. Diese freundliche Bedienung begrüsste mich mit der Aufforderung, die 45,- € für mein Zimmer doch bitte sofort per Vorkasse zu bezahlen ! Ich dachte, ich höre nicht richtig und wäre ich nicht so erschöpft gewesen, hätte ich mir ein anderes Hotel gesucht. So habe ich die Vorkasse verweigert und mir mein Zimmer zeigen lassen. (Das Abendessen war dann allerdings wirklich ausreichend und lecker!)

Nach der "freundlichen" Begrüssung besorgte ich mir bei der Post ein Päckchen und habe erstmal schmutzige Wäsche nach Hause auf den Weg gebracht - Mann, hatte ich auf einmal Platz in meinen Packtaschen! Dafür gab es zur Belohnung einen 3-Kugel-Eisbecher und anschliessend eine Stadtbesichtigung. Leider hatte der Dom gerade um 17.00 Uhr geschlossen, sodass ich ihn nicht besichtigen konnte. Und die Fussgängerzone bot das gleiche Bild, wie schon geschrieben, wie auch in den anderen Kleinstädten!


Bei Wikipedia steht zu Verdens Geschichte:


  • Ferdi in Saxonia, unter dieser Bezeichnung wird Verden in einer Urkunde Karls des Großen zum erstenmal in etwa heutiger Namensform erwähnt. Der Name weist auf Furt oder Fähre hin.
  • Im Jahre 782 fand im Raum Verden die Unterwerfung der Sachsen im Verlauf der Sachsenkriege durch Karl den Großen einen grausamen Höhepunkt: Angeblich 4.500 Bewohner der damals dünnbesiedelten Region wurden hingerichtet (Verdener Blutgericht), nachdem sie sich geweigert hatten, sich dem Frankenkönig Karl zu unterwerfen und den christlichen Glauben anzunehmen.
  • Im 15. Jahrhundert wurde Verden freie Reichsstadt bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Durch den Westfälischen Frieden fiel das Bistum Verden als Reichslehen an die schwedische Krone.
  • Das Wappen der Stadt zeigt ein schwarzes Nagelkreuz auf silbernem Grund.

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 83 km Fahrzeit 5 : 07 Std. Durchschnitt 17,0 km/h Max 32,6 km/h Gesamt 571 km


Samstag 28. April

Meine erste Tat heute mrgen um 7.45 Uhr war ein Anruf bei Frank und Gratulation zu seinem Geburtstag - erst danach konnte der Tag beginnen. Ein weich gekochtes Samstagmorgen-Ei stimmte mich in Sachen Hotel zwar etwas milder und das Frühstück war auch ausreichend. Aber Alles in Allem störte mich, dass hier eine sehr unpersönliche Stimmung herrschte - dieses Hotel gehört nicht zu meinen »ersten Adressen«.

Gut beschildert finde ich aus der Stadt hinaus, an der »Niedersächsischen Storchpflegestaion« (rechts) vorbei - hier werden kranke und verletzte Störche geppflegt - schon sehe ich rechts im Wald die Steine des sog. »Sachsenhains« (unten). Der Sachsenhain

Der Sachsenhain wird noch immer mit der Hinrichtung von 4.500 Sachsen durch Karl den Großen im Jahr 782 in Verbindung gebracht. Tatsächlich handelt es sich jedoch nicht um einen Ort sächsischer Geschichte. Vielmehr dokumentiert der Sachsenhain mit den im Jahre 1935 entlang des Rundweges aufgestellten 4.500 Findlingen den Versuch der Nationalsozialisten, die Geschichte propagandistisch umzudeuten.

Vor Langwedel passe ich einmal nicht auf, als mein Weg um 90° nach links abbiegt und schon habe ich mich verfahren. Ich bin aber nur etwa 2 Kilometer gefahren, als ich es merke und umkehre - also 4 Kilometer kommen heute dazu. Das bleibt heute aber nicht mein einziges Problem. Ab Uesen fahre ich die Alternativstrecke über Achim rechts der Weser und die ist nicht so gut beschildert. Ich muss oft halten und im Buch nachlesen; einmal hilft mir auch eine nette Joggerin weiter. Und so finde ich am Ende doch den Weg nach Hemelingen. Und dann hilft nochmal ein netter älterer Herr mit seinen Ortskenntnissen, denn ich stehe vor einer Autostrasse und da darf ich ja nun wirklich nicht fahren.

Und so eben geht es jetzt die nächsten 190 Kilometer weiter Richtung Bremen und Cuxhaven -

Als ich dann die Strasse »Hastedter Osterdeich« finde weiss ich, ich bin auf dem richtigen Weg in die Bremer Innenstadt und die erreiche ich an der »Wilhelm-Kaisen-Brücke« genau um 12.00 Uhr. Vor dem Rathaus mit dem Roland tummelt sich heute am Samstag natürlich eine grosse Menschenmenge, ich komme aber doch zu meinen Schnappschüssen von allen wichtigen Bremer Sehens-würdigkeiten: Roland (rechts), Rathaus (unten links) und den Bremer Stadtmusikanten (unten rechts). Die in der Böttcherstrasse ein lustiges Pendant erhalten haben !

Auf der Freitreppe zum »Haus der Bremer Bürgerschaft« steht inmitten einer Schar gut gekleiderter Männer ein Herr Wulf, Ministerpräsident von Niedersachsen - ein älteres Ehepaar macht mich ehrfürchtig darauf aufmerksam. Und ist sehr enttäuscht, als ich nicht in frenetischen Jubel ob dieser einmaligen Gnade, diesen Herrn leibhaftig zu sehen, ausbreche.

Sei´s drum ! Für mich ist es wichtiger, ein Hotel für heute abend zu bekommen, denn dieses mal habe ich nicht vorbestellt. In Brake / Unterweser soll es sein - und gleich beim ersten Anruf habe ich Glück.

Durch die Böttchergasse schiebe ich natürlich, mache ein Bild von den alternativen Stadtmusikanten und fahre langsam hinunter zur Weserpromenade. Und da war was los ! - richtige Volksfeststimmung mit Verkaufsständen und Strassenrestaurants und ein Shanty - Chor intonierte gerade den »Hamburger Veermaster«. Grund genug, schnell per Handy Christel an diesem Ereignis teilhören zu lassen.

Etwas Bremer Stadtgeschichte:


    Stadtwappen von Bremen
  • Mit fast 550.000 Einwohnern ist Bremen die zweitgrößte Stadt in Norddeutschland und die zehntgrößte Stadt Deutschlands.
  • Als Bischofsstadt und Kaufmannsiedlung reicht Bremens Geschichte bis ins 8. Jahrhundert zurück. Die Stadt wurde 787 von Karl dem Großen zum Bischofssitz erhoben. Seit 845 Erzbistum, erlebte Bremen dann unter Erzbischof Adalbert von Bremen (1043-1072) seine erste Blüte.
  • 1260 trat die Stadt der Hanse bei. Die schnell zu wirtschaftlicher Bedeutung gelangende Stadt schüttelte die weltliche Herrschaft der Bischöfe ab und errichtete als Zeichen ihrer Freiheit den Roland (1404) und ihr Rathaus (1409).
  • 1646 (endgültig 1741) wurde Bremen mit dem »Linzer Diplom« offiziell freie Reichsstadt. Das »Linzer Diplom« ist eine Urkunde, die am 1. Juni 1646 während der Dreißigjährigen Krieges von dem Kaiser Ferdinand III. in Linz ausgestellt wurde. In ihr bestätigte und besiegelte er die Reichsunmittelbarkeit der Stadt Bremen
  • Im 19. Jahrhundert hatte Bremen wesentlichen Anteil an der Entwicklung des deutschen Überseehandels. Auf der Werft von Johann Lange wurde 1817 das erste in Deutschland gebaute Dampfschiff hergestellt.
  • Wegen der zunehmenden Versandung der Weser wurde 1827 die Siedlung Bremerhaven als Bremer Außenposten auf einem vom Königreich Hannover angekauften Grund angelegt. Den Vertrag zum Erwerb des Hafengeländes unterzeichneten am 11. Januar 1827 der König von Hannover Ernst August I. und der Bremer Bürgermeister Johann Smidt.
  • Das Wappen der Freien Hansestadt Bremen zeigt auf rotem Grund einen - heraldisch ausgedrückt - schräg nach rechts aufgerichteten, mit dem Bart nach links gewandten silbernen Schlüssel gotischer Form („Bremer Schlüssel“). Auf dem Schild ruht eine goldene Krone, welche über dem mit Edelsteinen geschmückten Reif fünf Zinken in Blattform zeigt. Der Schlüssel ist das Attribut des Apostels Petrus, des Schutzpatrons des Bremer Doms.
  • Im Bremer Volksmund wird eine Verbindung zum Wappen der Stadt Hamburg hergestellt, indem man spöttisch sagt:
    „Hamburg ist das Tor zur Welt, aber Bremen hat den Schlüssel dazu.“

Jetzt also noch 50 Kilometer bis Brake, zunächst noch durch Stadt- und Hafengebiet, aber gut beschildert. Auf dem gegenüber liegenden Ufer sehe ich die Klöcknerhütte, ein Stahlwerk, mit dem ich schon während meiner Lehrzeit 1953 - 56 zu tun hatte. Heute gehört es zum ARCELOR - Konzern (unten).

In Seehausen fehlen dann mal wieder die Hinweisschilder, ich finde mit Glück und Überlegung auf meine Route zurück.

Und komme zum »Ochtum - Stauwerk«. Es dient dem Hochwasserschutz der hinter dem Sperrwerk liegenden Niederung und damit insbesondere dem Schutz von Teilen von Bremen, wo es während der Sturmflut im Februar 1962 die einzigen Todesopfer im Unterweserraum gab, Delmenhorst und Stuhr. Der Radweg führt in einem Bogen daran vorbei und entlang der Delmenhorster Strasse komme ich nach Deichshausen und dann nach Lemwerder.

Am Sperrwerk spricht mich ein jüngerer Radler an und wir fahren bis Lemwerder zusammen.

Ich entdecke bei ihm die gleichen anatomischen Lenkergriffe (rechts), die ich seit Neuestem habe und wir bestätigen uns gegenseitig, damit sehr zufrieden zu sein. Aber radfahren mit Gepäck und gegen den Wind, dabei noch unterhalten und wegen des Autoverkehrs auch immer noch aufpassen - es strengt an. Lenkt mich aber vor allen Dingen ab, ich merke, dass ich überhaupt nicht mehr auf Hinweisschilder achte. Und so trennen wir uns in Lemwerder wieder.

Etwas hektisch werde ich dann, als ich feststelle, nur noch knappe Zeit bis zum Huntesperrwerk (links) zu haben. Das öffnet nur stündlich und wegen ein paar Minuten Verspätung eine ganze Stunde zu warten gefält mir gar nicht. Also trete ich in die Pedale, was das Zeug hält und schaffe es 5 Minuten vor der Zeit.

Jetzt also 15 Kilometer genau nach Norden, dahin, woher der Wind weht. In meinem Tagebuch steht etwas von »tierischem Gegenwind«, ich soll geflucht und Sitzbeschwerden gehabt haben - und wenn es da so steht, wird es wohl stimmen. Dieses Tagebuch führe ich nämlich immer sofort am Abend und da ist die Erinnerung noch frisch.

Aber es kann gar nicht anders sein, auch diese Etappe geht zu Ende und gegen 17.15 Uhr bin ich an meinem Hotel Landhaus, Am Stadion 4-8, Tel. 04401 / 5011, dem »Treffpunkt netter Leute« ! Das Zimmer für 45,- € ist klein, aber o.k. und zum Abendessen bestelle ich mir »Schnitzel satt« (links). Kann dann aber nur 2 Stück verzehren, mehr geht wirklich nicht. Aber lecker war´s.

Eine Gruppe älterer Gäste an einem Nebentisch bestellt sich erstmal einen »Kurzen zum Andocken« - wir würden sagen »zur Begrüssung«. Und eine der Damen erzählt von ihrem ersten Kuss und dass sie sich damals bei der Arbeit im Krankenhaus so geschämt habe, weil sie meinte, dass doch jeder ihr das ansehen müsste. Ich fand die Geschichte zum Schmunzeln - wie sich doch die Sitten geändert haben !

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 102 km Fahrzeit 6 : 34 Std. Durchschnitt 16,0 km/h Max 32,6 km/h Gesamt 673 km

Sonntag 29. April

Ich wache erst um 7.40 Uhr auf, Frühstück gibt es zum Glück erst ab 8.00 Uhr und das mit einem weichen Ei. Der Tag fängt gut an, es ist auch schon ziemlich warm, als ich um 9.00 Uhr starte. Ohne Ärmel und lange Hose; die Weste werde ich aber den ganzen Tag anbehalten - von wegen dem Gegenwind !

Der heutige Tag wird in die Geschichte meiner Radtouren eingehen als der wohl bisher anstrengendste - vielleicht zusammen mit dem im vorigen Jahr vom Bodensee hinauf nach Bad Schussenried. Rasmus hat sich heute jedenfalls mich ausgeguckt und es gibt kaum eine Chance, ihm zu entgehen.

In Golzwardersiel eine erste Unklarheit wegen der Streckenführung, aber ein hilfreiches Ehepaar auf Sonntagsradtour hilft mir weiter und auf den richtigen Weg. Hinter Rodenkirchen dann wieder ein AKW, das »AKW Unterweser« (oben rechts). Ich muss gegen den Wind ankämpfen, immer am Deich entlang. Die Weser ist hier schon mächtig breit, mehr Mündung, als Fluss.

In Nordenham versucht ein Taxifahrer, mich zu verunsichern, ob ich die Fähre nach Bremerhaven noch erreiche. Aber ich habe die Abfahrtszeiten dabei - dank Internet - und weiss, dass ich für 8 Kilometer noch eine Stunde Zeit habe. Vorbei am »Airbus Werk«, über Einswarden erreiche ich Blexen rechtzeitig. Muss noch 20 Minuten auf die Fähre warten, mit mir etwa 100 Personen und einige Autos.

Auf der Fähre komme ich mit einem älteren Ehepaar aus Augsburg ins Gespräch, die den Weserradweg von Hann.-Münden aus gefahren sind und heute auch noch nach Cuxhaven wollen. Ob sie es geschafft haben ? - ich bezweifele es.



Die Fähre kommt (oben links) und in 20 Minuten geht hinüber nach Bremerhaven. Unterwegs begegnet uns dieser »Seelenverkäufer« (oben rechts). Bremerhavens Skyline vor uns, geht es in die Hafeneinfahrt hinein, Alle gehen von Bord und der letzte Teil des Abenteuers kann beginnen.

Cuxhaven - ich komme !!

Aber erst müssen wir - das sind das ältere Ehepaar aus Augsburg und ich - mal durch Bremerhaven finden. Zunächst gibt es auch Schilder mit der Aufschrift Cuxhaven, aber entweder übersehen wir welche oder sie fehlen tatsächlich. Wir müssen jedenfalls mehrmals fragen und uns den Weg erklären lassen, bis wir endlich durch den Containerhafen mit den tausenden von Containern und Autos durch finden (rechts).

Aber dann sehe ich vor mir wieder das bekannte und ersehnte Hinweisschild:

Und bin natürlich froh, denn diese 42 Kilomter schaffe ich jetzt auch noch. Es ist doch erst gegen Mittag und so radle ich frohgestimmt los. Die Wegstrecke, die jetzt folgt, ist eher langweilig. Trotzdem werde ich sie in bleibender Erinnerung behalten, denn diese endlos langen und geraden Wege immer am Deich entlang, dazu der Gegenwind und nicht zuletzt etwas Sitzbeschwerden werden dafür sorgen. Einmal schaue ich über den Deich - Wasser, soweit das Auge reicht. Es reicht !

Nur Turm, nix Kirche - im Land Wursten.

Viel gibt es von diesem Teil der Tour nicht zu berichten. Über das Wremertief, Dorumer Neufeld, Berensch und Arensch - diese Ortsnamen sagen nur dem Einheimischen etwas - erreiche ich tatsächlich irgenwann Sahlenburg.

Einmal schliesst sich mir ein Radler mit Rennrad an, er kommt aus Osnabrück, hat seinen Wohnwagen irgendwo hier oben stehen und vertreibt sich seine Zeit mit Rundfahrten. Bald werde ich ihm wohl zu langsam und er düst los - Tschüss !! Alleine fühle ich mich besser.

Hinter Arensch geht es durch den Wernerwald und hier bekommt mein Po seine »letzte Ölung«. Ich habe nicht gewusst, wie holprig dieser Waldweg ist.

Von Sahlenburg aus rufe ich bei Heiner an und er erklärt mir den Weg »quer Beet« nach Groden. Kommt mir dann aber doch mit seinem Auto entgegen gefahren und steht auf einmal vor mir. Na, das war eine herzliche Begrüssung und so gelotst finde ich dann natürlich auch den Weg zum Altenbrucher Mühlenweg. Wo Anke uns erwartet und mich auch sehr herzlich willkommen heisst.

Erst bei einer Tasse Kaffee, dann nach einem leckeren Abendessen mit Steinbutt und Ankes legendärem Kartoffelsalat haben wir bis 23.00 Uhr geklönt. Vorher fuhren wir zwar noch kurz zur ALTEN LIEBE, es war aber sehr windig und kalt und dieser Besuch war nur kurz. Hat sich einiges verändert dort am Strand. Nur schade, dass wir kein Foto von uns gemacht haben.

Meine heutige Tagesbilanz

Gefahren 91 km Fahrzeit 5 : 47 Std. Durchschnitt 15,5 km/h Max 30,3 km/h Gesamt 764 km


Montag 30. April

Nach einem ausgiebigen Frühstück am nächsten Morgen hat Heiner mich noch mit dem Fahrrad zum Bahnhof gebracht. Wo wir eine Gruppe Radler aus Minden trafen, die heute durchs ALTE LAND radeln wollten. Auf der kurzen gemeinsamen Bahnfahrt haben wir uns angeregt unterhalten.

In Harburg musste ich dann in Höllentempo am Zug entlang fahren, denn ich stand am Zuganfang, das Fahrradabteil war aber im letzten Wagen und da an der letzten Tür. So ein ICE ist lang, sehr lang, wenn man schnell daran vorbei muss. Und das bei den kurzen Haltezeiten - ich habe es geschafft, hatte aber heftiges Herzklopfen und es dauerte eine Weile, bis ich mich beruhigt hatte.

Die Fahrt über Osnabrück und Münster nach Dortmund war von dem Moment an angenehm, als ein Paar aus Rostock - wohl Fussballfans - in Osnabrück ausstieg und sie ihre übel riechenden Bouletten und ihr Radio mitnahmen. Sollten wir in Zukunft nochmal mit der Bahn fahren, dann nur 1. Klasse ! Und eigentlich unnötig zu sagen - meine beiden Mädchen freuten sich sehr, als wir uns auf dem Bahnsteig in Dortmund umarmen konnten. Begrüssung in Dortmund

PS: Sollte jemand diese Tour auch fahren und dabei zufällig die drei Kilo Lebendgewicht finden, die ich verloren habe - bitte liegen lassen, denn ich bin froh, dass ich sie los bin!!


»Ende«