Strasse der Romanik / II.

Im April 2010

Autor: Klaus Donndorf
"O schöne Landschaft,
wecke doch in meinem Herzen fernen Widerschein deiner Schönheit"

Mit diesem Spruch der Sr. Maria Assumpta (1924-2009), die von 1999 bis zu ihrem Tod Äbtissin im Kloster Helfta bei Eisleben war, beginnt das Buch

"Die Strasse der Romanik"
von den Autoren Margit Boeckh und Sebastian Kaps.

Ich kann mir keinen passenderen Beginn für meinen kleinen Reisebericht von unserer zweiten Reise entlang dieser Strasse denken, weshalb ich ihn an seinen Anfang stelle.

Und wir fuhren in der Tat durch eine schöne Landschaft mit frühlingsblühenden Kirschbäumen in weiss und gelben Rapsfeldern, umgeben von grünen Wäldern und Wiesen - die Natur bot uns ein buntes Bild, dass uns immer wieder begeisterte.

Wir sind im noch jungen Bundesland Sachsen - Anhalt, das sich selbst als "Land der Frühaufsteher" apostrophiert. Was ausdrücken soll, dass viele Menschen hier jeden Montag zu nachtschlafender Zeit zu ihrer Arbeit in einem westlichen Bundesland aufbrechen.

Und im Gebiet dieses jungen Gebildes befinden sich viele Zeugnisse deutscher Vergangenheit, von Macht und Glanz, die es schon im frühmittelalterlichen Europa von anderen Regionen abhob und für Heinrich I. genannt "der Vogler", der von 919-936 erster deutscher König war, "ein blumenreicher Paradiesgarten" gewesen sein soll. So kann man es bei Bischof Thietmar von Merseburg (975-1018) nachlesen, der in seiner "Chronik" die deutsche Geschichte von 908 bis 1018 aufgeschrieben hat und als einer der wichtigsten Geschichtsschreiber dieser Zeit gilt. Im Innenhof des Kreuzganges am Merseburger Dom hat man ihm eine kleine Skulptur gewidmet (links).

Waren wir bisher eher Fans des gotischen, himmelstrebenden Baustils bei Kirchen, hatte uns schon unsere erste Reise im November 2009 die Schönheiten der romanischen Kirchen näher gebracht.

Typische Merkmale der romanischen Bauwerke sind neben Rundbögen dicke, festungsartige Mauern - besonders im Westwerk - mit kleinen Fenstern sowie Würfelkapitelle auf den Säulen. Der romanische Kirchenbau wird weiter bestimmt durch die Einführung der Überwölbung großer Raumweiten und sollte "die Allmacht Gottes und die Stärke des Christentums verdeutlichen".

Der kunsthistorische Begriff Romanik wurde erst Anfang des 19. Jahrhunderts von Frankreich kommend eingeführt und sollte als Hinweis dienen auf die Verwandtschaft zur römischen Architektur. Die Romanik in Deutschland umfasst den Zeitraum von der Mitte des 10. bis ins 13. Jahrhundert und dieser Zeitraum lässt sich in Früh-, Hoch- und Spätromanik einteilen - eine genaue zeitliche Abgrenzung zur Gotik ist wegen des fließenden Überganges nicht möglich.

Kurzentschlossen haben wir also vom 26. bis zum 30. April die sog. "Südroute" bereist und "Objekte" von Sangerhausen über Naumburg, Merseburg, Halle bis Halberstadt besucht. Die neue Autobahn A 38 bringt uns zügig nach Sangerhausen, wo wir schon gegen 11.00 Uhr ankommen. Die Marktkirche St.Jacobi, eine gotische Hallenkirche, wird erst ab dem 1. Mai für Besucher geöffnet (oben).

Deshalb gleich weiter zur romanischen Kirche St. Ulrici (links) und wieder grosse Enttäuschung, denn auch sie sollte erst am 1. Mai für Besucher geöffnet werden. Unsere Reise fängt ja gut an, denken wir - wenn, ja wenn da nich Frau ILM gewesen wäre. Sie war innerhalb der Kirche beschäftigt, hatte uns irgendwie gehört und öffnete die Kirche nicht nur für uns, sondern wir kamen auch noch in den Genuss einer kleinen privaten Führung.

Herzlichen Dank dafür, Frau Ilm!


Die Ulrichskirche verdankt ihre Entstehung einem Gelübde, das der Thüringer Landgraf Ludwig, genannt der Springer, während einer Gefangenschaft 1074 oder in den Jahren 1114 bis 1116 abgelegt hat. Über ihn gibt es diese Sage:

Ludwig hiess eigentlich Graf Ludwig von Schauenburg (1042-1123) und war ein Angehöriger des aus Franken stammenden Adelsgeschlechts der Ludowinger.

Seinen Beinamen erhielt Ludwig der Sage nach durch einen kühnen Sprung in die Saale. Er soll versucht haben, die Pfalzgrafschaft Sachsen (das Gebiet um Sangerhausen) zu erlangen, und erstach daher den Pfalzgrafen Friedrich III..

Daraufhin wurde er auf der Burg Giebichenstein bei Halle eingekerkert. Im dritten Jahr seiner Gefangenschaft drohte die Hinrichtung, daraufhin nutzte er einen Aufenthalt auf dem Burgturm zu seinem Sprung in die darunter fließende Saale. Dort erwartete ihn bereits ein Diener mit einem Boot und seinem schneeweißen Lieblingspferd Schwan.

Als Sühne für diese Tat ließ er in Sangerhausen die Ulrichkirche erbauen und später gründete er das Kloster Reinhardsbrunn, das sich zum Familienkloster der Ludowinger entwickelte.


Im Jahr 1140 waren die Kirche als Pfeilerbasilika und der - heute achteckige - Vierungsturm im Wesentlichen vollendet. Um 1265 erfolgten aber bauliche Veränderungen, da die Kirche nun den Ansprüchen von Zisterzienserinnen genügen musste. Die damals erstellte "Nonnenempore" an der westlichen Seite existiert heute nicht mehr.

Im Jahr 1389 vernichtete ein Brand das mit der Ulrichskirche in Verbindung stehende Kloster. An der Kirche wurden weitere Veränderungen vorgenommen. Das heutige Erscheinungsbild ist das Ergebnis umfangreicher Restau-rierungsarbeiten, erklärt uns Frau Ilm.

Die Kirche ist sowohl im Langhaus wie auch im Ostchor dreischiffig. Die mächtigen Pfeiler im Langhaus haben vorwiegend schlichte Kämpfer, nur an 2 Pfeilern sind sie mit Flechtwerk und Tierdarstellungen verziert (unten), was durchaus Parallelen zur Stiftskirche in Quedlinburg zulässt. Die Arkadenzone schließt nach oben in einem Schachbrettfries. Die Decken weisen teilweise ein Tonnengewölbe, teilweise - in den Hauptjochen - Kreuzrippengewölbe auf. Am Ostchor sind mehrere Apsiden zu sehen.

Im Bild oben links ist zu erkennen, wie sich die Wand und die Lisene verformt haben. Der Grund hierfür ist das enorme Gewicht des Vierungsturmes, das sehr große statische Probleme verursachte.

Interessant fanden wir ein im nördlichen Querschiffarm eingemauertes sandsteinernes Tympanon. Im Flachrelief sind links eine Gestalt auf einem Faltstuhl - vermutlich der Stifter Ludwig - und rechts, zwischen zwei Säulen, eine zweite Gestalt zu sehen. Sie stellt vermutlich St. Ulrich dar, den Schutzpatron der Kirche. Das Ganze ist von einer Wellenranke und den Resten einer Inschrift gerahmt. Sie könnte wie folgt gedeutet werden:

"Nimm, Heiliger, das Haus, das ich zu bauen gelobte, als ich gefangen lag."

Nach dieser ersten geballten Lektion jetzt weiter Richtung Eisleben zum Kloster Helfta. Seine Geschichte beginnt 1229, als die Ehefrau des Mansfelder Grafen Burchard I. auf ihrer Burg ein Kloster gründete. Vermutlich stand es um die Gesundheit des letzten Regenten der alten Mansfelder Linie zu diesem Zeitpunkt schon recht schlecht - er starb dann auch noch im selben Jahr.

Im Lauf der nächsten Jahrhunderte erlebte das ursprünglich romanische Zisterzienserinnenkloster - das 1258 nach Helfta verlegt wurde - ein wechselvolles Schicksal. Alles kann ich hier nicht berichten, erwähnenswert sind aber die Frauen, die als sog. Mystikerinnen seine Entwicklung nachhaltig geprägt haben:

Da ist zunächst zu nennen die Hl. Mechthild von Magdeburg (um 1212-83), die in ihrem Epos "Das fließende Licht der Gottheit" ihrer Gottessehnsucht Ausdruck verleiht. Und Gertrud von Helfta (1256-1302) beschwor etwa zur gleichen Zeit "die Schönheit der Welt...in völliger Freiheit und im Genuß der Stille ringsumher, in der man Ruhe findet vom Treiben des Tages".

Vielleicht haben auch die Schwestern Gertrud von Hackeborn (1231-1291), die als einzige deutsche Heilige den Beinamen "Die Große" trägt und Äbtissin in Helfta von 1251 bis 1291 war und Mechthild von Hackeborn (1241-1299) als Leiterin der Klosterschule am kleinen Teich im Klostergelände meditiert (rechts). Durch ihr Wirken gilt Helfta auf jeden Fall

"als Krone der deutschen Frauenklöster".

Die wechselvolle Geschichte des Klosters berichtet nicht nur von einer Verwüstung durch Albrecht von Braunschweig im Jahr 1342. Auch 200 Jahre später, im Jahr 1525 wird von einer solchen Verwüstung im Bauernkrieg berichtet. 1542 wurde es dann im Rahmen der Reformation in Eisleben säkularisiert. Später preussische Staatsdomäne, wandelte man es während der DDR - Zeit in ein "Volkseigenes Gut" um.

Auf dem Klostergelände steht dieser "Mühlstein" - was hat es damit auf sich? Von Ostern 2000 bis Ostern 2001 nahm dieser Stein seinen Weg durch Deutschland, wo an 30 Orten Frauen die Frage gestellt haben, die im Markus Evangelium 16, 1-8 überliefert ist. Es geht um Maria Magdalena und Maria, des Jakobus Mutter.

Im Vers 3 stehen die Worte: "Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?"

Und weiter in Vers 4: "Und sie sahen dahin und wurden gewahr, daß der Stein abgewälzt war, denn er war sehr groß..."

Bei einem kurzen Kaffee - Stopp in Eisleben - soviel Zeit muss sein - , dem Geburts- und Sterbeort Martin Luthers (10. November 1483 / † 18. Februar 1546) bummelten wir über den Marktplatz mit dem Luther - Denkmal (rechts) zur Andreaskirche (leider geschlossen) und weiter zu Luthers Sterbehaus (unten), in dem heute eine Luther - Gedenkstätte eingerichtet ist.

Vor der Andreaskirche sahen wir diese "Lutherrose" (oben).

In Klostermansfeld, einem kleinen Ort nördlich von Eisleben, findet man die gut erhaltene romanische Kirche (unten links). Das um 1040 gegründete Kloster war Hauskloster und Begräbnisstätte der Mansfelder Grafen. Die ehemalige Benediktiner - Klosterkirche "Mariae Himmelfahrt" wurde nach 1158 als flachgedeckte, dreischiffige Basilika mit kurzem, durchlaufenden Querhaus, Chor, starkem Mauerwerk errichtet und 1170 geweiht. Die kleinen Rundbogenfenster ermöglichen eine gute Lichtführung und "vermitteln dem Besucher einen Eindruck der Raumauffassung der Benediktiner".

Auf dem rechten Bild erkennt man gut den Stützenwechsel (Pfeiler - Säule - Pfeiler), auch als "Rheinischer Stützenwechsel" bezeichnet. Eine Besonderheit der romanischen Kirchen, denn in der Gotik wurde der Stützenwechsel wieder aufgegeben, da mit der Einführung des Kreuzgratgewölbes die Pfeiler - statisch gesehen - nicht mehr unbedingt notwendig waren.

Auf unserem Weg von Klostermansfeld vorbei an Querfurt taucht zur Linken ein ungewöhnlicher Kirchturm auf - er hat eine "gedrehte Spitze". Diesen Kirchturm müssen wir uns unbedingt aus der Nähe ansehen (links).

Barnstädt - so heisst der Ort - ist eine historisch alte Gemeinde mit ganzen 1150 Einwohnern. Das Haufendorf wurde zum ersten Male im Zehntverzeichnis des Klosters Hersfeld (880 - 899) namentlich unter der Bezeichnung "Bernstat" erwähnt.

Das weithin sichtbare Wahrzeichen des Ortes ist der 54,0 m hohe, gotische, gedrehte Spitzkirchturm als eine Seltenheit europaweit. Er diente im Mittelalter als besonderer Wegweiser für wichtige Handelsstraßen. Die Handelsverbindungen und der fruchtbare Ackerboden brachten die sogenannten "Vierdörfer", Göhritz, Barnstädt, Göhrendorf und Nemsdorf, zu einem besonderen Wohlstand und wurden seit dem Mittelalter die "reichen Vierdörfer" genannt.

In Naumburg, das wir um 18.00 Uhr erreichen, werden wir 2 Nächte im Hotel Stadt Naumburg (über HRS gebucht) bleiben und von hier aus die "Objekte" in der Umgebung ansehen. Nach einem Abendimbiss im Restaurant "Kanzlei" am Markt ist noch Zeit für einen ersten kurzen Stadtrundgang um die Wenzelskirche.

Als das markanteste Kirchenbauwerk und Wahrzeichen von Naumburg gehört die Wenzelskirche (oben) zu den bedeutsamsten Bauwerken an der Saale. Der spätgotische Bau von 1426 erhielt 1510/1520 sein Westportal (rechts) und 1724 im Innern eine barocke Ausstattung. Hervorhebenswert sind u. a. der barocke Hochaltar von 1680 und die Hildebrandt-Orgel (2 Bilder unten), ein Juwel barocker Orgelbautradition. Der Kirchturm ist mit 72 Metern der höchste Turm der Stadt.

Am nächsten Tag steht zunächst der Ort Memleben auf unserem Programm. Wobei der Ort und seine Geschichte für sich Programm sind, befand sich hier doch schon zur Zeit Heinrich I. eine mächtige Kirche und wahrscheinlich auch eine Kaiserpfalz. Für deren Existenz gibt es aber keine eindeutigen Beweise. Er und sein Sohn Otto I. wurden in Memleben begraben.

Neben dem - gebührenpflichtigen - Parkplatz fallen uns sofort die Reste des sog. Kaisertores ins Auge (unten links). Die kleine Pforte rechts neben dem Haupttor wurde wahrscheinlich erst im 16. Jahrhundert angelegt, um Besuchern den Eintritt auch bei geschlossenem Haupttor zu ermöglichen.

Dahinter trift man auf die beeindruckenden Reste einer Kirche aus dem 10. Jahrhundert, deren Fundamente man im Boden sehen kann (unten rechts). Diese Kirche hatte gewaltige Ausmasse und gehörte zu den größten der damaligen Zeit.

Kaiser Otto II. stiftete am Sterbeort seines Großvaters und seines Vaters ein reich ausgestattetes Benediktinerkloster und das war wahrscheinlich Teil der Kaiserpfalz. Im 13. Jahrhundert wurde es dann durch einen Neubau ersetzt und dessen Reste der Arkadenreihe des Mittelschiffes geben uns heute noch einen Eindruck von seiner ursprünglichen Erscheinung. Die beiden Bilder unten zeigen diese Situation.

Vom Mittelschiff aus gelangt man durch eine schmale Pforte in den ehemaligen Klosterhof und hier fällt eine gewaltige Kastanie sofort ins Auge. In den ehemaligen Klostergebäuden ist ein kleines Museum eingerichtet; hier hat man ein Scriptorium nachgestellt und der Besucher kann so Einblicke in die mittelalterliche Buchherstellung erhalten. Aber auch Urkunden Ottos I. sind zu sehen.

Unter den Resten des Ostchores befindet sich eine spätromanische Krypta, die auch aus dem 13. Jahrhundert stammt. Ihre besondere Bedeutung erlangt sie dadurch, dass sie als sog. Hallenkrypta angelegt ist und schöne Deckengewölbe und verzierte Kapitelle besitzt (2 Bilder unten).


Die Angst vor dem Weltenrichter, der alle Taten eines Menschen zu dessen Lebzeiten nach dem Tod aufrechnet und damit die Angst vor dem Fegefeuer beherrschte das Denken und Handeln der damaligen Zeit -
hier in einem Bild ausgedrückt.

(Klostermuseum Memleben)

Hinter Bad Bibra sehen wir auf einmal im Vorbeifahren in dem Ort Steinbach eine kleine, aber eindeutig romanische Kirche mit einem Friedhof rechts der Strasse.

Nanu - die ist im Verzeichnis der Strasse der Romanik nicht aufgeführt; ein Schau-kasten informiert, dass es sich um die spätromanische

Margarethenkirche
handelt, die um das Jahr 1105 erbaut wurde.

Die Baumeister dieser Kirche kamen aus der Schule der Naumburger Dombauhütte und sie gilt somit ihr als Schulwerk, denn viele Details um die und in der Kirche haben Ähnlichkeit mit denen des Naumburger Domes. Ein richtiges Kleinod an der Strasse der Romanik!

In Bad Kösen kann man das Romanische Haus (links) anschauen, so man es denn findet; es liegt ein wenig versteckt hinter Büschen oberhalb der Saale, deren Rauschen durch ein breites Wehr verursacht wird. Die Geschichte dieses Hauses beginnt vermutlich im 12. Jahrhundert, wobei Hinweise auf eine frühere Nutzung fehlen.

Für uns gab es dann im Café Schoppe eine kleine süsse Leckerei, zwei "Leipziger Lerchen" zum Kaffee.

Nur ein Katzensprung ist es von Bad Kösen nach Schulpforte mit dem gemischten Internat Schulpforta. Wo schon so berühmte Geister wie Fichte, Klopstock und Nietzsche die Schulbank gedrückt haben. In der Eingangshalle steht ein Ausspruch von Fichte an der Wand:

"...groß und glücklich wäre der Meister, der alle seine Schüler größer machen könnte, als er selbst war !

Hier in Schulpforta erlebt der Besucher in den Mauern des aus dem Jahr 1138 datierenden Zisterzienserklosters ein Bauensemble aus 8 Jahrhunderten. Die Kirche (links) ist zwar der Gotik zuzuordnen, aber der Kreuzgang - die so genannte Abtskapelle - ist romanischen Ursprungs (unten).

Die Kirche selbst wurde schon im Ursprungsjahr1138 begonnen - ein riesiger, langgestreckter, kreuzförmiger Bau. Mit einem Mittelschiff, dass eher kahl erscheint und von seinen großen Wandflächen bestimmt wird (links). Der gotische Neubau aus der Mitte des 13. Jahrhunderts entstand über dem romanischen Grundriss.

Eine seltene Kostbarkeit ist das im vorderen Teil des Kirchenschiffs hängende hölzerne Triumphkreuz von 1240/50. Es ist fast 5 Meter hoch und über drei Meter breit; die Bemalung ist allerdings nur noch fragmentarisch erhalten (oben links).

Im Kreuzgang krönen reich ornamentierte Kapitelle die Säulen (links).

Christel inzpiziert inzwischen dieses mobile Gefängnis - für wen wohl?

Dieser interessante Tag fand dann seinen krönenden Abschluss durch den Besuch des Naumburger Domes

St. Peter und St. Paul
, den wir uns zusammen mit dem Domschatz ausführlich angesehen haben. Er zählt - mit Recht - zu den berühmtesten und meistbesuchten Sakralbauten an der Strasse der Romanik, markiert er doch den Übergang von der Romanik zur Gotik.

Und wenn man die grünen Kupferhauben der beiden Osttürme betrachtet, kommt auch noch der Stil des Barock dazu. Diese Hauben hat er allerdings erst seit Anfang des 18. Jahrhunderts.

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde der ursprünglich frühromanische Bau durch einen Neubau ersetzt. Der Baubeginn einer dreischiffigen, doppelchörigen Basilika mit zwei Turmpaaren wird auf das Jahr 1210 datiert. Das Langhaus und die östlichen Teile wurden 1242, während des Übergangs zur Gotik, geweiht.

Wenn man seinen Eintrittsobulus bezahlt hat, gelangt man zunächst durch den Kreuzgang (links) zum Domschatz. Hier sind neben archäologischen Funden vor allem Altarretabel, Tafelbilder und Skulpturen - u.a. der Kopf des Johannes - zu besichtigen (links unten). Ein besonderer Anziehungspnkt ist eine Pieta aus dem 14. Jahrhundert, die weitgehend original erhalten ist. Eigentlich durfte ich sie nicht fotographieren ....

Das fast 100 Meter lange und über 22 Meter breite Langhaus begrenzen im Osten und Westen zwei Lettner. Lettner wie in Naumburg sind in keiner anderen Kirche erhalten, insofern sind sie einzigartig.

Einzigartig ist die bildnerische Gestaltung des romanischen Ostlettners - ältestes erhaltenes Beispiel eines Hallenlettners! (unten links). Der Lettner ist ein Werk des geheimnisvollen Bildhauers, der als Naumburger Meister in die Kunsgeschichte eingegangen ist. Seine Arbeiten waren eine gestalterische Sensation in ihrer Zeit!

Der Westlettner (oben) zeigt das letzte Abendmahl, Verrat und Kuss des Judas, die Geißelung und das Tragen des Kreuzes - nie vorher waren diese biblischen Szenen so menschlich dargestellt worden. Die beiden Detailaufnahmen verdeutlichen das.

Sie dürfen in einem Bericht über den Naumburger Dom nicht fehlen - die Stifterfiguren im Westchor. Sie stehen nicht frei auf ihren Sockeln, sondern sind aus dem Stein der Säule hinter ihnen herausgearbeitet. Können also ihren Platz nie verlassen !

Die Anziehungskraft dieser "Superstars" des Domes ist ungebrochen, gelten sie doch als Höhepunkte mittelalterlicher Plastik.

Seien es Ekkehard II. und Uta, seine Gemahlin, dieses "Traum-Herrscherpaar", von dem man aber weiß, dass es keineswegs in glücklicher Partnerschaft lebte (links).

Ihnen gegenüber stehen Markgraf Hermann und seine Gemahlin Reglindis, die neben ihrem melancholisch blickenden Gemahl auffällig unbekümmert, fast naiv lächelt (rechts).

Neben diesen beiden Paaren stehen noch 8 weitere Einzelpersonen der Zeit im Rund der Wand des Westchores

Beim heutigen Abendessen im Hotel Stadt Aachen - Aachen ist die Partnerstadt von Naumburg - haben wir ein Erlebnis, das uns noch länger beschäftigen wird. Eine Gruppe von 3 Ehepaaren in unserem Alter sprechen am Nebentisch über ihren Stammbaum, als der Name "Donndorf" fällt.

Ich stelle mich vor und wir erfahren, dass der Bruder meines Großvaters Guido, ein Max Donndorf aus Graitschen v.d. Höhe über dessen Ehefrau Maria, geb. Heydenreich, zu ihren Vorfahren gehört. Wir haben also heute beim Abendessen in Naumburg Verwandte im weitesten Sinn getroffen. Wenn das kein Zufall ist!

Klar, dass wir den Kontakt zur Familie Vogel halten werden.

Hier noch drei Bilder aus Naumburg: Das Rathaus, ein Handelshaus und der Marktbrunnen.

Heute werden wir über Freyburg a.d. Unstrut und Merseburg nach Halle a.d. Saale fahren. In Freyburg wartet die Stadtkirche St. Marien auf uns (rechts). Vorher frühstücken wir aber wieder in einer Bäckerei. Das macht uns richtig Spass und preiswerter, als im Hotel, ist es obendrein!

Wenn man die romanischen Westtürme dieser Kirche anschaut, muss man stutzig werden, weisen sie doch eine merkwürdige Unregelmäßigkeit auf: während in den beiden oberen Fenstergeschossen des nördlichen und auch im obersten Geschoß des südlichen Turms hochromanische Rundbogenfenster zu sehen sind, sind in den unteren Geschossen gotische Spitzbogenfenster zu sehen. Umgekehrt gäbe es eher einen chronologischen Sinn - vielleicht war hier ein experimentierfreudiger Baumeister am Werk.

Im Merseburger Dom St. Johannes und St. Laurentius (rechts) schließen wir uns einer Führung an - kostet 11,- €. Eine Fotographiererlaubnis würde 5,- € extra kosten, die sparen wir uns. Ein paar Bilder gibt es trotzdem.

Die Kirche hatte in der 931 Johannes dem Täufer geweihten Stiftskirche, deren Bau noch Heinrich I. veranlasst hatte, einen Vorgängerbau. Mit der Gründung des Bistums Merseburg durch Otto I. im Jahr 968 wurde die Kirche zur Kathedrale mit dem Konpatron Laurentius erhoben. Schon Otto II. gab aber das Bistum 981 wieder auf.

1004 gründete Heinrich II. das Bistum Merseburg erneut und im Jahr 1015 wurde unter dem Bischof Thietmar von Merseburg (1009-18) mit dem Bau des Domes begonnen, den Heinrich II. großzügig unterstützte.

Das obige Bild zeigt die Westfassade des Domes mit den beiden Türmen mit ihren 8-eckigen Aufsätzen aus dem 12. Jahrhundert. Der Fassade vorgelagert ist die aus dem 13. Jahrhundert stammende Vorhalle. In der Mitte über dem Portal sieht man die Büste Heinrichs II., links und rechts davon die Standbilder der Laurentius und Johannes des Täufers.

Oben links ein Taufbecken, daneben der Teufel, der vergeblich versucht hat, den Dom zu zerstören und jetzt wütend ist. An einem Pfeiler im Kreuzgang (links) wurde er aus Verzweiflung zu Stein.

Rechts ein Blick ins Mittelschiff nach Westen mit dem schönen Gewölbe, den Schlußsteinen und dem Orgel-prospekt,

Eigentlich sind wir hauptsächlich für dieses Bild in den Merseburger Dom gegangen - um die Grabplatte von Rudolf von Rheinfelden (auch Rudolf von Schwaben / um 1025 - 80) zu sehen.

Diese Grabplatte ist die älteste Bronzegrabplatte Mitteleuropas! Sie war einst vergoldet und mit Edelsteinen ausgelegt. Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft im römischen-deutschen Reich verlor Rudolf nach dem Verlust seiner rechten Hand - der Schwurhand - in der Schlacht bei Hohenmölsen sein Leben.

Die Grabplatte trägt die Umschrift:

"König Rudolf, dahingerafft für das Gesetz der Väter, zu beklagen nach seinem Verdienst, ist hier im Grab bestattet. Als König war ihm, hätte er in Friedenszeiten geherrscht, niemand seit Karl vergleichbar an Fähigkeiten des Geistes und Schwertes. Dort wo die Seinen siegten, fiel er, heiliges Opfer des Krieges. Der Tod ward ihm Leben: für die Kirche sank er dahin."


Auf der anderen Saaleseite findet man die Neumarktkirche St. Thomas cantuariensis. Der weitgehend original erhaltene romanische Bau wurde 1188 zum ersten mal erwähnt. Sie ist dem Thomas Becket von Canterbury geweiht und war ursprünglich eine dreischiffige, kreuzförmige Basilika mit westlicher Doppelturmfront. Heute existieren nur noch das Mittel- und das südliche Seitenschiff. Im Mittelschiff ist der rheinische Stützenwechsel zu sehen (unten rechts).

Eine seltene architektonische Sehenswürdigkeit ist das spätromanische Hauptportal mit seiner Knotensäule (unten links und Mitte).

Ein Blick zum Dom und zum Schloss auf dem Hochufer über der Saale beendet unseren Besuch in Merseburg (links). Wir fahren weiter Richtung Halle und sehen uns heute noch die Kirchen in Landsberg und auf dem Petersberg an.
Petersberg / Doppelkapelle St. Crucis Petersberg / Ostapsiden

Der Weg zur Kirche St. Crucis war echt abenteuerlich, mussten wir doch "querbeet" den Berg hinauf kraxeln. War ganz schön anstrengend. Die Geschichte dieser kleinen Kirche beginnt 1136 mit einer von Konrad von Wettin gestifteten Augustinerabtei. Das Stift wurde 1150 aufgehoben und dem Augustiner - Chorherrenstift auf dem Petersberg angegliedert.

Auf dem Petersberg nördlich von Halle a.d. Saale steht die ehemalige Stiftskirche St.Petrus. Eine dreischiffige, kreuzförmige Basilika mit mächtigem Westquerturm. Markgraf Dedo IV. von Wettin gründete hier 1124 ein Augustiner - Chorherrenstift. Dedo starb noch im gleichen Jahr, sein Bruder Konrad von Meißen führte das begonnene Werk fort und bestimmte die Kirche zur Grablege der Wettiner. Nach einer fast vollständigen Zerstörung durch einen Brand im Jahr 1565, wurde die Kirche zwischen 1853 und 1857 umfassend restauriert.

Rechts ein Blick in das Mittelschiff mit den mächtigen Pfeilern, auf denen romanisch schlichte Kämpfer sitzen.

Die Säule im Hintergrund hat ein Kapitel mit Pflanzenorna-menten und einem Kämpfer mit Schachbrettmuster (links).

Nach einem leckeren Abendessen im Restaurant Mönchshof, einem Eisbecher auf dem Hallenser Marktplatz und einem Bäckereifrühstück am nächsten Morgen geht unsere Fahrt über die A 14 Richtung Bernburg. Hier interessiert uns weniger das Schloß mit seinem sog. "Eulenspiegelturm", sondern mehr die kleine Dorfkirche im Stadtteil Waldau. Vorher erlaube ich mir aber ein paar allgemeine und ergänzende Bemerkungen.

Auf unserer Reise erleben wir hautnah die Spuren der Gechichte in diesem Gebiet zwischen Harz, Saale und Elbe. Hier herrschten Kaiser Heinrich I. und seine Nachfolger, Sohn Otto I. und dessen Sohn und Enkel bis Heinrich II.. Ihre Macht war fest verbunden mit Magdeburg, der von Otto I. zur Hauptresidenz des neugeschaffenen Erzbistums erhobenen Stadt. In diesem Land an Elbe, Saale und Unstrut mit seinen Kirchen, Klöstern und Burgen erlebt man Romanik wirklich "auf Schritt und Tritt".

Und diese "Spurensuche" wird eher noch spannender dadurch, daß ursprünglich romanisches - durch Nutzung und Erweiterung über Jahrhunderte - inzwischen mit den Merkmalen der folgenden Epochen, wie z.B. der Gotik, verschmolz. Wobei dieser "Stilmix", der ja praktischem Gebrauch folgte, keineswegs als Ergebnis fehlender eigener Stilmittel zu gelten hat, sondern eher "als harmonisches Gesamtkunstwerk gelebter Geschichte" gelten kann.

Unser Navi führt uns zielsicher, wenn auch zum Schluss über eine Strasse mit richtigem Feldsteinpflaster - meine Stoßdämpfer tun mir leid - zur kleinen Dorfkirche St. Stephani in Bernburg - Waldau (oben), vermutlich der älteste besiedelte Teil der heutigen Stadt Bernburg. Erste Urkundliche Erwähnungen des Ortes stammen aus den Jahrem 806 und 961, in denen Waldau als Waladala erwähnt wird. Im Jahr 964 wird erstmals eine Kirche in Waldau genannt.

Diese Kirche gilt als ein Prototyp romanischen Dorfkirchenbaus. Der heutige Bruchsteinbau aus dem 12. Jahrhundert ist sehr gut erhalten und zeigt in seiner romanischen Schlichtheit - einschiffig, Staffeldach und Ostapsis, mächtiges Westwerk - eine klare architektonische Gliederung.

In einen Kerzenleuchter neben dem Altar ist ein Stein aus Jerusalem eingeschmiedet, der auf Stephanus, den ersten Märtyrer der Kirche, hinweist (rechts). Der Heilige Stephanus fiel durch „Wunder und große Zeichen unter dem Volk“ auf und wurde um seines Glaubens willen vor den Toren Jerusalems gesteinigt. Das erklärt uns eine junge Frau, die im Rahmen eines 1 - € - Jobs hier Aufsicht führt.

In Hecklingen, einem kleinen Ort bei Staßfurt, besuchen wir anschliessend die Benediktinerinnen - Klosterkirche St. Georg und St. Pankratius. Ab etwa 1150 erbaut, gehört auch diese Kirche zu den besterhaltenen Kirchen an der Strasse der Romanik. Seit der jüngsten Restaurierung, die 1995 weitestgehend abgeschlossen werden konnte, erstrahlt besonders der farbenprächtige Innenraum in neuer Schönheit mit seiner beeindruckenden Bauplastik.

Die Kirche geht zurück auf ein Nonnenkloster, das Graf Bernhard I. von Plötzkau etwa in der Mitte des 11. Jahrhunderts gegründet hat. Mit dem Bau der heutigen, kreuzförmigen Basilika wurde um 1140/50 begonnen, die Bauarbeiten wurden aber bis etwa 1210/20 unterbrochen. Heute wird diese Kirche als "einheitlichster romanischer Bau des Nordharzgebietes" bezeichnet.

Die Kirche besitzt drei Schiffe, wobei das Südschiff seit 1230/40 als sog. "Nonnenempore" genutzt wird. Auf dem linken Bild erkennt man wieder den Stützenwechsel (Pfeiler - Säule - Pfeiler). In den Zwickeln sieht man 1.25 Meter grosse Engel, die jeweils auf einem tütenartig stilisierten Blattkelch stehen (unten).

Im Mittelschiff befinden sich über den Nordarkaden fünf Stuckköpfe, die vermutlich an die Stifterpersönlichkeiten des Klosters erinnern sollen (unten links). Unter der Südempore befindet sich ein archaisch - mythologisches Löwenrelief, dessen Entstehung auf ein Jahr um 1240 datiert wird (unten Mitte).

Das südliche Seitenschiff erhielt durch ein ausgeprägtes Stützensysten einen kryptenähnlichen Charakter (unten links). An der Südseite sind noch Reste des ehemaligen Kreuzganges zu sehen (unten rechts).

Damit nicht nur von Kirchen die Rede ist: Wir parkten in Hecklingen vor einer Metzgerei und sahen im Fenster diese Schild (rechts), mit dem "Schlopen" angepriesen wurden. Meine Recherche ergab, dass es sich hierbei um - scheinbar sehr beliebte - Würstchen handelt, die gegrillt z.B. auch den Hecklinger Weihnachtsmarkt kulinarisch umrahmen.

Bevor wir Halberstadt und damit die letzte Station unserer Reise erreichen, gilt es noch die Kirche in Frose anzuschauen. Auch heute fahren wir wieder durch ein Meer von weiss blühenden Obstbäumen und gelben Rapsfeldern, wie das Bild zeigt.

Die Stiftskirche St. Cyriakus, eine Pfeilerbasilika ohne Krypta - diese wurde wahrscheinlich in der Zeit der Reformation beseitigt - stammt aus der Zeit um 1170; besonders der Innenraum und die "Nonnenloge" nebst den Durchgängen zu den Stiftsgebäuden gehören dazu.

Auffällig ist das wuchtige Westwerk mit den zwei quadratischen Türmen, die sich erst in der Höhe ausbilden (2 Bilder unten). Ihre Obergeschosse weisen Klangarkaden auf; das Glockengeschoss des Mittelbaues besitzt zweigeteilte, rundbogige Schallöffnungen - hier ist schon der frühgotische Stil zu erkennen.


Im flachgedeckten, dreischiffigen Langhaus fällt der Stützenwechsel auf (oben Mitte und rechts), der hier das sächsische Prinzip zeigt, nämlich Pfeiler - Säule - Säule - Pfeiler (P / S - S / P). Die Säulen weisen teils dekorative (links), teils Arkantus - Muster auf (rechts).

Den Innenraum versucht man mit zwei "Kanonenöfen" zu heizen - schöne alte Stücke aus schwarzem Gußeisen - Nostalgie pur!

Auf dem Weg nach Halberstadt machten wir in Quedlinburg eine Kaffeepause und entdeckten dabei diesen Brunnen (rechts). Die Skulpturen zeigen die Situation, wie Heinrich I. - man sieht ihn links im Bild, wie er sich zu einem Vogel hinabbeugt, wahrscheinlich, um ihn zu fangen - beim Vogelfang die deutsche Königskrone angeboten wird. Die Krone ist vergoldet und schwach zu erkennen.

Viele Kinder, die angesichts der heute herrschenden Hitze barfuss im Wasser des Brunnens spielten, fanden den Brunnen jedenfalls "Spitze"!

In Halberstadt hatten wir im Hotel garni Hotel am Grudenberg gebucht, diesmal incl. Frühstück - das war ausgesprochen reichlich und abwechslungsreich - und waren von dem kleinen Hotel und dem freundlichen Empfang sofort begeistert. Unser ebenerdiges, ruhig zum Hof hin gelegenes Zimmer konnten wir auch sofort beziehen, unser Auto parkte kostenlos im Hof und so konnten wir gleich mit der Besichtigung der Liebfrauenkirche beginnen. Denn bei unserem ersten Besuch im November 2009 war zu wenig Zeit, um die besonderen Kostbarkeiten dieser Kirche anzuschauen.



Diese hochromanische Pfeilerbasilika wurde 1146 von Bischof Rudolph geweiht. Es ist eine kreuzförmige, dreischiffige Basilika, die im Innenraum eher schmucklos, in ihren ruhigen, ausgewogenen Formen aber klar gegliedert ist. Der Einfluß der Hirsauer Bauschule spricht aus dieser monumental schlichten Gestaltung.

Eine Besonderheit ist das große Triumphkreuz von 1230, das eines der bedeutendsten in der Gruppe sächsischer Monumentalkreuze darstellt (rechts). Christus ist mit drei Nägeln an das Kreuz geheftet, das wiederum auf einem breiteren Kreuz liegt. Dessen kleeblättrige Enden waren mit Figuren geschmückt, wovon der Engel am oberen Kreuzende kündet.

Gegen eine geringe Gebühr konnten wir uns dann die wunderschönen Chorschranken ansehen, die schon im frühen 13. Jahrhundert entstanden sind und in ihrer Aussagekraft einzigartig sind.

Besonders erwähnenswert ist die Darstellung der Gottesmutter als junge Frau mit blonden Zöpfen!



Das Abendessen in Halberstadt bedarf keiner besonderen Erwähnung, wohl aber der Dom (oben rechts) und der Domschatz, die wir uns am nächsten Tag ausführlich angesehen haben. Dabei hatten wir insofern etwas Glück, als uns ein junger Mann auch im Dom sozusagen eine kleine private - und kostenlose - Führung angedeihen liess.

Der Dom ist zwar in reinster Gotik zwischen 1236 und 1486 erbaut, weist aber sehr viele romanische Merkmale auf. Aus dem alten, ottonischen Dom sind noch der romanische Taufstein (oben), der 1195 von Bischof Gardolf gestiftet wurde und die eindrucksvolle Triumphkreuzgruppe über dem Lettner erhalten (unten). Rechts vom Eingang fällt ein ebenfalls noch aus der Zeit der Romanik stammendes Kreuz auf (rechts). Damals wurden die Füsse des Gekreuzigten nebeneinander und nicht übereinander dargestellt.

Die hölzerne Triumphkreuzgruppe - das Kreuz entstand um 1220 - erinnert an den romanischen Vorgängerbau. Engel heben das monumentale Kreuz empor, der Gekreuzigte zeigt sich ohne Dornenkrone und damit als
"der über den Tod Triumphierende".
Zu beiden Seiten neben dem Kreuz stehen Maria bzw. Johannes und jeweils eine Engelfigur mit dreifachem Flügelpaar. Das sind Cherubine, obwohl sie 6 Flügel haben (4 vorne, 2 hinten). Die Cherubine stehen auf Feuerrädern, deren Rotation ein Sinnbild der ewigen göttlichen Kraft ist.
Drachen und König unter den Füßen von Maria und Johannes symbolisieren die Mächte der Finsternis.

Im Chor steht dieser Flügelaltar (oben), sehenswert ist aber auch das gotische Chorgestühl (um 1400).

Die Amtlaube am Halberstädter Rathaus wurde erst vor wenigen Jahren fertiggestellt (rechts).

Beim Dom befindet sich die Domschatzkammer, welche mehr als 650 Stücke aus 1.000 Jahren Kirchengeschichte beinhaltet und als einer der umfangreichsten Kirchenschätze der Welt und als größter in Deutschland gilt. Die enzigartige Sammlung mittelalterlicher Kunstwerke war für den Gottesdienst an der Halberstädter Bischofskirche bestimmt. Seine Bewahrung ist einem konfessionell gemischten Domkapitel zu verdanken, das zwischen 1591 und 1810 für die Kathedrale und ihre Ausstattung Sorge trug.

Alle im Mittelalter gebräuchlichen Kunstgattungen sind im Domschatz vertreten - Altarbilder und Skulpturen, Handschriften und Mobilar, Bronzewerke und Goldschmiedearbeiten. Weltberühmt sind die Meisterwerke der Textilkunst. Etwa 90 liturgische Gewänder zeugen von der Pracht des Gottesdienstes am Dom (unten). Am berühmtesten sind wohl der Abraham-Teppich und der Christus-Apostel-Teppich. Sie sind die frühesten erhaltenen Bildwirkereien Europas und stammen aus der Mitte des 12. Jahrhunderts und somit aus der Romanik.

Fotographieren war nicht erlaubt, aber den Domschatz sollte sich jeder Dom - Besucher sowieso ansehen!

Voller neuer Eindrücke, Erlebnisse und Gespräche konnten wir jetzt die Heimreise antreten. Ein kurzer Stopp in Göttingen und jetzt freuen wir uns auf den dritten Teil dieser "Reise in die Zeit der Romanik", die uns auf die Nordroute, u.a. mit den Städten Magdeburg, Jerichow, Tangermünde und Stendal führen soll.